Nach einem intensiven Arbeitsprozess im Rahmen des Projektes »Culture for Future« haben die Städtischen Bibliotheken Dresden als eine der fünf erstunterzeichnenden Kultureinrichtungen im Januar 2022 die »Dresdner Charta für Nachhaltigkeit« unterschrieben. Das war ein weiterer Schritt in Richtung nachhaltige Entwicklung, die seit Gründung der internen Arbeitsgemeinschaft »Grüne Bibliothek« im Jahr 2018 den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Anliegen und offiziell im »Bibliotheksentwicklungsplan 2025« verankert ist.
Als besonderer Beitrag der Zentralbibliothek kann die Einrichtung einer Saatgutbibliothek gelten, der im März 2021 nach etwa einem Dreivierteljahr Vorbereitungsphase trotz der pandemischen Lage ein medienwirksamer Start gelang. Das Ziel ist es, seltenes, regionales und samenfestes Saatgut zu bewahren und die Biodiversität in der Stadt zu fördern. Der erste Aufruf zur Abgabe von sortenreinem Saatgut erbrachte Samen von etwa 200 verschiedenen Pflanzenarten, vorwiegend Blumen und Kräutern. Als Spender/-innen fanden sich sowohl begeisterte Dresdner Hobbygärtner/-innen als auch mit dem Projekt gewonnene Kooperationspartner/-innen.
In diesem Jahr nehmen wir neuen Anlauf: Anfang März startete zum zweiten Mal die Ausgabe von gespendetem Saatgut. Der Rücklauf nach der »ersten Runde« war mehr als zufriedenstellend. Trotz der anhaltenden Planungsunsicherheit haben wir in Kooperation mit dem Umweltzentrum Dresden ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm unter dem Motto »Wissen wächst« vorbereitet. Es wird mit einer großen Saatguttauschbörse eröffnet, auf die verschiedene Vorträge folgen. Weitere Partner, die uns mit dem Aufbau und Betrieb der Saatgutbibliothek unterstützt haben und weiterhin begleiten, sind der Stadtgärten e. V. Dresden, UFER-Projekte Dresden e. V. und Johannishöhe e. V. Tharandt. Die Schirmherrschaft hat das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft übernommen.
Neben der saisonalen Saatgutbibliothek entstand 2021 ein weiteres Angebot, das der grünen Kernidee »leihen statt kaufen« folgt: die Bibliothek der Dinge. Geordnet nach den Themen Musik, Technik, Kreatives sowie Sport und Spiel stehen etwa 100 Gegenstände zur Ausleihe bereit. Die beliebtesten Gegenstände im vergangenen Jahr waren das elektronische Musikinstrumtent Theremin sowie der Hula-Hoop-Reifen. Die Dresdner/-innen zeigten sich begeistert und äußerten von Anfang an Wünsche nach weiteren Gegenständen. In diesem Zusammenhang wurde auch gescherzt, warum noch kein Imkereibedarf zur Verfügung stünde, denn auch die Zeidlerei spielt in der Zentralbibliothek mittlerweile eine besondere Rolle.
Aus einem Bienenstock, vor etwa sieben Jahren temporär auf einem Baucontainer am Kulturpalast aufgestellt, sind bis heute sechs geworden. Sie haben auf dem Balkon Richtung Altmarkt, flankiert von einem Hochbeet und vielen kleineren Blumenkübeln sowie Schalen mit Wasser, ein festes Zuhause gefunden. In das Hochbeet wurde Saatgut aus der Saatgutbibliothek (zum Beispiel Böhmischer Strunk) ausgebracht und von den Bibliotheksmitarbeiter/-innen liebevoll gepflegt und geerntet.
Vom Lesedrachen aus können schon die kleinsten Bibliotheksbesucher/-innen das Treiben der Tiere und wachsen der Pflanzen aus der Nähe beobachten. Für die Kinder bieten wir anlassbezogen Veranstaltungen an, zum Beispiel zum Welttag der Bienen oder eine »Bienenparty« im Rahmen unseres Ferienprogramms. Anfang April werden die Bienen auf dem Kulturpalastbalkon offiziell Station des Bienenlehrpfads des Imkervereins Dresden. Die feierliche Einweihung findet im Rahmen des Vortrages »Wildbienen in der Stadt« statt, der Teil der bereits erwähnten Veranstaltungsreihe »Wissen wächst« ist. Der Verein fungiert auch als Betreuer der Bienen, die zur Rasse »Buckfast« gehören. Der von den Imkern geerntete »Palasthonig« dient zum Beispiel als Gastgeschenk für weit angereiste Autorinnen und Autoren.
Auch im Medienbestand genießen die Bienen inzwischen besondere Aufmerksamkeit: in Form einer »Bienenbibliothek« mit eigener Signatur. Den Grundstein für die Bienenbibliothek legte im Mai 2014 die Schenkung von fünf Heften der »Leipziger Bienen-Zeitung« von 1886 bis 1891 durch die Kommunale Immobilien Dresden (Betreiber des Kulturpalastes) und der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit dem Imkerverein Dresden. Nach dem Umzug in den Kulturpalast 2017 wurde der Bestand gesondert präsentiert. Mittlerweile befinden sich dort über 250 Titel mit einer großen Bandbreite an Themen: vom Hobby-Imkern über bienenfreundliches Gärtnern bis hin zum Heilen mit Honig.
Auf dem Weg zum »grünen Kulturpalast«, den wir Seite an Seite mit der Dresdner Philharmonie beschreiten, sind noch einige Steine beiseite zu räumen, doch ein großes Stück Strecke ist geschafft: Die Saatgutbibliothek hat sich etabliert und das geplante zweite Hochbeet auf dem Balkon wird das Nahrungsangebot der Bienen erweitern. Seit vergangenem Sommer fließt nur noch Ökostrom durch Leitungen des Kulturpalastes und die Umstellung des Fuhrparks auf E-Fahrzeuge ist angestoßen. Und schließlich wächst mit unserem Veranstaltungsprogramm, inklusive der Kleider- und Saatguttauschbörsen, das Wissen und die Aufmerksamkeit der Dresdner/-innen für eine »grüne Zukunft« ihrer Stadt.