Schon wieder drei Jahre rum? Jeweils am Wechsel der Partnerländer auf den Bibliothekskongressen in Leipzig merkt man, wie schnell doch die Zeit vergeht. Wurde der Staffelstab 2019 während des Leipziger Bibliothekskongresses von den USA an das Partnerland Niederlande übergeben, so ist es dieses Jahr schon wieder an der Zeit, den Stab an das nächste Partnerland, die Tschechische Republik, weiterzureichen.
Bevor wir dies tun, werfen wir noch einmal einen Blick zurück auf die vergangenen drei Jahre Partnerland Niederlande. Dies geografisch vergleichsweise kleine und für uns nahe Nachbarland verfügt über eine vielfältige, attraktive und innovative Bibliothekslandschaft. Ihre Entdeckung sollte durch Studienfahrten, persönlichen Wissensaustausch und Fachaufenthalte in den Fokus rücken; dafür hatte BII (Bibliothek & Information International), die Kommission für den internationalen Fachaustausch des bibliothekarischen Dachverbandes BID, auch einen finanziellen Förderschwerpunkt definiert.
Residenzprogramm Librarian in Residence in den Niederlanden
2019 wurden zwei Stipendien für eine Residenz zum Thema »Personalmanagement und Personalentwicklung« in die Niederlande vergeben. Auf der BII-Website gelangten über die Blogbeiträge die Erfahrungen von Christina Kläre, UB Duisburg-Essen, und Cordula Nötzelmann, Stadtbibliothek Wuppertal, zurück in die deutsche Fachcommunity. Für 2020 war das Thema »Partizipation und Kundenorientierung« geplant. Hierzu wurden drei Stipendien vergeben, von denen letztendlich nur eines von Josefine Johne, Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, Städtische Bibliotheken Dresden, nach einigen pandemiebedingten Terminverschiebungen wahrgenommen werden konnte. 2021 musste das Residenzprogramm ganz ausgesetzt werden, aber für das laufende Jahr 2022 wurden wieder zwei Stipendien vergeben zum Thema »Vernetzung: Zusammenarbeit im Bibliotheksbereich und mit Partnern / Einbeziehung in die Stadtentwicklung bzw. in die Forschungsumgebung«.
Partnerland in Corona-Zeiten
Der Absage des Deutschen Bibliothekartags 2020 in Hannover folgte die Absage des niederländischen Bibliothekskongresses Mitte Juni in Utrecht – zwei Gelegenheiten, die dazu genutzt werden sollten, den direkten Kontakt und Fachaustausch zu stärken. Auch Planungen für diverse Studienreisen ins Nachbarland wurden erst einmal auf Eis gelegt. Stattdessen verlagerten sich die Aktivitäten auch innerhalb der Partnerland-Initiative in den digitalen Raum.
Online-Seminarreihe »Deutsch-niederländischer Dialog zur Zukunft der Bibliotheken«
Im monatlichen Turnus wurde eine Webinarreihe entwickelt, die aktuelle Themen, die beide Bibliotheksländer beschäftigen, in einer einstündigen moderierten Diskussion vorstellte. Zwei Spezialistinnen beziehungsweise Spezialisten aus beiden Ländern diskutierten in englischer Sprache Themen aus allen Bereichen der Bibliothekslandschaft. Die Serie begann am 16. November 2020 zum Thema Bibliotheksbauten: »Why do libraries need buildings?« Es folgten die Themen »UX-Design and Organization of research support)«, »Sustainability and Libraries – Agenda 2030«, »Künstliche Intelligenz«, im März 2021 das Thema »Bibliothekspersonal« und im April 2021 »Central Services for Public Libraries«. Mit »Agile Working in Libraries« im Mai und »Libraries and Citizen Science« endete die Online-Seminarreihe im Juni 2021.
Für die insgesamt acht Webinare registrierten sich insgesamt 3 714 Personen aus aller Welt, 1 655 davon aus Deutschland und 315 aus den Niederlanden – ein schöner Erfolg, der sicherlich den Vortragenden, den Themen, und auch der englischen Sprache zuzuschreiben ist, die den Radius der Teilnehmerschaft gleich enorm erweiterte.
Und dennoch hoffen wir, dass auch die »realen« Austausche wieder an Fahrt aufnehmen werden: mit den ausgeschriebenen beiden Aufenthalten »Librarians in Residence« für 2022 und mit einer organisierten Studienreise in die Niederlande im Herbst 2022 für circa 20 Personen aus Bibliotheken in Deutschland – und mit einer Übergabe-Podiumsveranstaltung mit beiden Partnerländern, dem alten und dem neuen, auf dem Leipziger Bibliothekskongress.
Partnerland-Initiative der BID
Die Idee, innerhalb eines zeitlich begrenzten Zeitraums einen vertieften Austausch mit einem anderen »Bibliotheksland« zu gestalten, wurde bereits mit den USA (2016) und folgend den Niederlanden (2019) durchgeführt. Mit Spanien und der Türkei wurden zuvor Erfahrungen gesammelt, die sich auf den jeweiligen Auftritt als Gastland auf den Bibliothekskongressen 2010 und 2013 konzentrierten. Ziel dieser verlängerten Phase des Austauschs als Partnerland ist es, nach dem Auftakt und der Vorstellung des Partnerlandes auf dem Kongress die Bibliothekslandschaft eines anderen Landes längerfristig genauer kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen und zu fördern und den Austausch auf dieses Land für eine bestimmte Zeit, nämlich drei Jahre bis zum nächsten Bibliothekskongress, zu konzentrieren. Die Förderungen für den internationalen Fachaustausch von BI-International berücksichtigen diese Initiative entsprechend in ihren Förderprogrammen.
Informationen zu Partnerland-Aktivitäten
Die Plattform und somit das Archiv der diversen Aktivitäten während einer Partnerland-Phase wurden auf der Website der ständigen Kommission des Dachverbands BID für den internationalen Fachaustausch BI-International www.bi-international.de verortet. Hier sind auch entsprechende Ausschreibungen und Fördermöglichkeiten für Fachaufenthalte und Studienreisen zum Partnerland zu finden. Ein gemeinsam mit den Partnern abgestimmtes Logo soll die diversen Aktionen sichtbar verbinden.
Neues Partnerland 2022 – 2025: Die Tschechische Republik
Und nun folgt also Tschechien als Partnerland. Was wissen wir eigentlich aus diesem Bibliotheksland, das doch auch unser Nachbar und von uns aus leicht erreichbar ist? Wissenslücken werden sich bereits während des Leipziger Kongresses schließen lassen. Die Bibliotheksszene unseres Nachbarlandes Tschechien wird sich auf dem Leipziger Kongress mit einem eigenen Stand (gleich neben dem Stand der Verbände) und einer größeren Delegation vorstellen. Mit diversen Vorträgen werden Perspektiven tschechischer Kolleginnen und Kollegen in das Fachprogramm integriert. Auch in den KongressNews, der Kongresszeitung, wird es an allen drei Kongresstagen Informationen über das neue Partnerland geben.
Einen Überblick über die Bibliothekslandschaft Tschechiens präsentiert Tomas Rehàk während der Veranstaltung »Meet and Greet« am Dienstag, 31.Mai, um 15 Uhr in Saal 5. Portale und Fachinformationsdienste aus deutschen und tschechischen Bibliotheken werden am Mittwoch um 16.30 Uhr in Vortragssaal 11 vorgestellt. Wer aktiv an der Gestaltung der drei Partnerlandjahre Tschechien-Deutschland mitwirken möchte, sei eingeladen zu der öffentlichen Arbeitssitzung um 11.15 Uhr am Mittwoch, 1.Juni, in Vortragsraum 12. Dort werden Ideen, Initiativen und Umsetzungsmöglichkeiten gesammelt und diskutiert. Auch im #Freiraum22 gibt es einige Projekte und Ideen aus unserem Nachbarland zu entdecken.
Die offizielle Stafettenübergabe vom Partnerland Niederlande zum Partnerland Tschechien wird auf der gemeinsamen Podiumsdiskussion »Libraries and their communities« am Donnerstag, 2.Juni, um 9 Uhr in Seminarraum 14/15 erfolgen.
Eine intensive Vorbereitung und Gespräche mit den tschechischen Partnern laufen bereits seit einigen Monaten. So ist die BID-Präsidentin Sabine Homilius im September 2021 nach Olomouc, Tschechien, gereist, um auf dem tschechischen Bibliothekskongress die Kooperationsvereinbarung für das Partnerland »Tschechische Republik – Deutschland 2022 – 2025« zwischen dem Verband der Bibliotheken der Tschechischen Republik, Sdružení knihoven ČR, und BID zu unterzeichnen.
Die kommenden drei Jahre Partnerland Tschechische Republik sind vielversprechend. Es gibt viel zu entdecken. Um einen besseren Überblick über die Bibliotheksszene unseres östlichen Nachbarn zu bekommen, planen die tschechischen Partner eine Online-Landkarte, in der sie ihre Bibliotheken vorstellen und auf Partnerbibliotheken in Deutschland hoffen. Das Residenzprogramm Librarian in Residence wird sich auf Aufenthalte in diesem Land konzentrieren; es wird Teilnahmen an den jeweiligen nationalen Bibliothekskonferenzen geben und hoffentlich zahlreiche »reale« Studienreisen, Fachaufenthalte und Fachaustausche – live und in Farbe!