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Geschichten, Abenteuer und neue Lesefreunde

Die »Bücherbande« aus der Stadtbibliothek Köln bringt Spaß am Lesen mit kreativen Aufgaben zusammen.
Die »Bücherbande« im Kombi-Pack: Malbuch und Mitmach-Buch. Foto: Stadtbibliothek Köln

 

Glänzende Kinderaugen vor der Glasvitrine im Untergeschoss der Zentralbibliothek in Köln. »Papa, was ist das? Kann ich auch so ein Heft haben?« Seit Anfang September hört man diese Sätze sehr oft, wenn man durch die Räume der Kinderbibliothek am Neumarkt oder aber die Einrichtungen der Stadtteilbibliotheken geht. Das neue Heft, welches in leuchtend rot und mit maskierten Freunden auf dem Titel alle Blicke auf sich zieht, ist der jüngste Zuwachs in der Familie der Stadtbibliothek Köln. Unter dem Namen »Bücherbande« ist eine umfangreiche Leseförderungsinitiative entstanden, die Kinder-, Eltern- und Bibliothekar/-innen-Herzen höherschlagen lässt.

Immer mehr Schülerinnen und Schüler in Grundschulen können nicht richtig lesen. Mehr noch – auch das Vorleseverhalten der Eltern nimmt ab. Ein Trend, der Kindern schon im frühen Alter das Erlangen von Sprache und Bildung erschweren kann. Das ist die traurige Wahrheit, die uns die aktuelle IGLU-Studie sowie der Vorlesemonitor 2023 vorlegen. Dass die Lesekompetenz von Kindern in Deutschland seit Jahren einem verheerenden Abwärtstrend folgt, ist bekannt. Doch fehlt es an Geld und guten Programmen, die in Grundschulen investiert respektive initiiert werden und damit eine Kehrtwende der Ergebnisse einläuten.



Als Partnerin im Bildungssystem verschreibt sich die Stadtbibliothek Köln schon seit Jahrzehnten dem Ziel, einer der wichtigsten außerschulischen Lernorte zu sein und für Jung und Alt ein aktives Lern- und Weiterbildungsangebot zu schaffen. Dies fängt bei den Kleinsten mit Vorlesestunden und literarischen Krabbelgruppen an und setzt sich in der Vermittlung von Informations- und Medienkompetenzen fort. Hier gibt es eine Vielzahl an Workshops, beispielsweise zur Erlangung von Grundkenntnissen im Umgang mit dem PC oder für Fortgeschrittene im Bereich des Coding. Als eines der Highlights darf das jährlich stattfindende MINT-Festival in den Herbstferien genannt werden, das sowohl das Interesse für die MINT-Fächer fördert als auch Berührungsängste mit ebendiesen nehmen soll – frei nach dem Motto: »Tüfteln statt Büffeln«.

Gerade die Leseförderung ist in Köln eine Herzensangelegenheit – nicht nur für die Kinderbibliothekarinnen und -bibliothekare, sondern auch für die Direktion unter Leitung von Hannelore Vogt. Daher war es ein großes Anliegen aller Beteiligten, dem alten »Leseclub« – ein Belohnungssystem für gelesene Bücher – ein modernes, neues Gesicht zu geben. Der »Leseclub«, seit nunmehr über 20 Jahren im gleichen Design, hatte ausgedient. Zu alt, zu oft gesehen, zu wenig nachhaltig. Ein neues Konzept musste entwickelt werden und schnell war klar: Es soll ein richtiger Eyecatcher werden!

 

Das Buch als Freund im Album

Im September 2022 wurde in einem kleinen Team ein erstes Konzept entwickelt, welches dem Prinzip »Freundebuch« folgen sollte. Freundebücher kennen Kinder nur zu gut. Und auch Erwachsenen dürften diese noch aus eigenen Kindheits- und Schultagen sehr vertraut vorkommen. Auf jeder Seite trägt sich ein Freund oder eine Freundin mit seinen oder ihren Eigenschaften und Vorlieben ein. Für die neue Leseförderungsinitiative wird dieses Prinzip umgekehrt: statt Freundinnen und Freunden werden gelesene Bücher gesammelt.

Und damit war auch schnell ein neuer Name für das Projekt gefunden: Die »Bücherbande« vereint alle gelesenen Geschichten der kleinen Nutzer/-innen mit ihren Hauptfiguren. Auf 15 Seiten können die Kinder 15 gelesene Bücher eintragen. Dazu werden Fragen zum Buch gestellt: Wie lautet der Titel des Buches? Wie der Name des Autors oder der Autorin? Wie gut hat das Buch insgesamt gefallen? Beantworten können die Kinder die Fragen durch Schreiben, Malen oder Skizzieren. Damit wird jedes Bücherbande-Heft individuell, ein Unikat, und erhält zugleich einen unverkennbaren Wert für seine Besitzerin oder seinen Besitzer. Idee dahinter war es, dass das Heft zum treuen Begleiter der Kinder werden kann – gehütet wie ein Schatz, welchen man stolz seinen Freundinnen und Freunden vorzeigt.

Schon nach den ersten Grundüberlegungen war klar, dass dieses ganz besondere Projekt auch eine außergewöhnliche Illustration erfordert. Denn im Vergleich zu dem alten Design, sollte die »Bücherbande« zeitgemäß, bunt und plakativ daherkommen. Außerdem war dem Kölner Team ein lokaler und damit nachhaltiger Fokus in der Umsetzung wichtig. Dies bedeutete konkret, dass keine unnötigen Transportwege, die Möglichkeit von schnellen Absprachen sowie eine klimafreundliche Produktion im gesamten Prozess angestrebt wurden.

Für die Grafik war es ein Herzenswunsch, mit den beiden preisgekrönten Kölner Kinderbuch-Illustratorinnen Heike Herold und Katrin Stangl zusammenzuarbeiten. Beide haben schon zahlreiche tolle Kinder- und Erwachsenenbücher gestaltet und bestechen in ihrem Stil mit kräftigen Farben, einem siebdruckähnlichen Bildaufbau und vereinfachten, flächigen und knalligen Formen. Heike Herold, geboren 1974 in Münster, studierte Grafikdesign und Illustration an der Fachhochschule Münster. Katrin Stangl, 1977 in Filderstadt geboren, studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. »Ellie und Oleg«, »Mein Papa und ich« (beide Heike Herold), »Schwimmt Milch in Brot?« und »Wir – Kinder philosophieren über unser Miteinander« (beide Katrin Stangl) sind nur einige wenige der wunderschön illustrierten Bücher der Kölnerinnen. Beide arbeiten in einer Ateliergemeinschaft im Kölner Norden zusammen. Mit an Bord holten die beiden Illustratorinnen die Diplom-Designerin Anja Neuefeind. Sie zeigte sich im Prozess für die grafische Gestaltung sowie die Projektabwicklung verantwortlich.

Bereits das erste gemeinsamen Treffen machte deutlich, dass mit dem Team Herold-Stangl-Neuefeind die richtigen Partnerinnen gefunden waren. Die drei verstanden es von Beginn an, die Grundidee des Freundebuches zu adaptieren, nahmen die Ideen auf und erweiterten diese fantasievoll. Als Nutzerinnen der Stadtbibliothek Köln kannten alle drei bereits das Angebot und verschiedene Stadtteilbibliotheken mit ihrem Programm und hatten direkt ein gutes Bild von der Mammutaufgabe, nicht nur ein Sammelalbum für Bücher umzusetzen, sondern auch die unterschiedlichen Einrichtungen in den diversen Stadtteilen mit ihren Menschen abzubilden. Als Mütter verstanden sie es wiederum perfekt, die Bedürfnisse von Kindern im Blick zu halten und ein zeitgemäßes wie altersgerechtes Design zu kreieren.

 

Mit jedem gelesenen Buch ein Schritt näher zum Lese-Champion

So entstanden im kreativen Prozess im Zeitraum von März bis Juni 2023 das »Bücherbande Mitmach-Buch« für Kinder ab dem Grundschulalter sowie das »Bücherbande Mini-Malbuch« für die Kleineren. Wie auch das Mitmach-Buch funktioniert das Malbuch für Kinder ab drei Jahren nach dem gleichen Prinzip: Von Mama, Papa, Oma, Opa, Onkel oder Tante vorgelesene Bücher können mit ein paar Fragen eingetragen und dann bildlich festgehalten werden.

Stilistisch sind die Hefte in den Grundtönen Rot, Schwarz und Weiß und deren Abstufungen gehalten. Große Figuren laden in das Heft ein, satte Farben geben einen Pop Art-Effekt, eine feine Rasterung differenziert die Töne und gibt verspielte Details preis. Dabei gleicht keine Seite der anderen, jedes Buch kann auf andere Art und Weise eingetragen werden. Mal eher schriftlich und mit Worten, mal künstlerisch kreativ. So bleibt jede neue Seite eine kleine Wundertüte und macht Lust und Laune auf den nächsten Bucheintrag. Dazwischen locken Spiele- und Rätselseiten und geben Einblicke in das sonstige Programm der Stadtbibliothek Köln.

Doch nicht allein die ideenreichen Bücherbande-Hefte locken die Kinder zum Lesen. Für jedes gelesene Buch können sich die Kinder einen Stempel in den Einrichtungen der Stadtbibliothek Köln abholen. Bei jedem fünften gelesenen Buch gibt es einen Pokal- oder Stern-Sticker, der in das Mitmach-Buch respektive Malbuch geklebt werden kann. Am Ende des Buches wartet eine Belohnung der besonderen Art auf die kleinen Geschichtensammler/-innen: Für 15 gelesene Bücher erhält jedes Kind eine goldene Medaille und wird damit Lese-Champion der Stadtbibliothek Köln.

Hochwertige Leseförderung, die Spaß macht

Neben den beiden Heften zum Eintragen ist ein umfangreiches Begleitmaterial zur »Bücherbande« entstanden. Darunter finden sich ein eigenes Logo, Lesezeichen, Sticker, Medaillen, Informations-Flyer, eine stadtweite Plakatkampagne sowie ein aufmerksamkeitsstarkes Roll-Up.

In den ersten vier Wochen seit dem Launch wurden allein in der Zentralbibliothek am Neumarkt über 200 Bücherbande-Hefte an kleine Nutzer/-innen ausgegeben. Und auch die ersten Pokal-Sticker für fünf und zehn gelesene und eingetragene Bücher wurden in dieser Zeit bereits verteilt. So dauert es bestimmt nicht mehr lange, bis die ersten Lese-Champions die goldene Medaille verliehen bekommen.

Sowohl in der Zentralbibliothek als auch in den Stadtteilbibliotheken erreicht die Kolleginnen und Kollegen der Bibliothek durchweg positives Feedback. Gerade bei Grundschullehrer/-innen, die im Rahmen von Klassenführungen regelmäßig in den Häusern unterwegs sind, rennt die neue Leseförderungsinitiative offene Türen ein. An einem guten und qualitativ hochwertigen Angebot für Leseförderung fehle es in Deutschland enorm. Die »Bücherbande« nimmt damit einen hohen Stellenwert im außerschulischen Bildungsprogramm in Köln ein und soll als Vorbild auch andere Stadtbibliotheken über die Grenzen Kölns und Nordrhein-Westfalens hinweg zu ähnlichen Initiativen ermutigen. Erfreulich ist außerdem, dass mit dem Bücherbande-Angebot auch zahlreiche Neuanmeldungen erfolgten, da ein gültiger Bibliotheksausweis für das Erlangen der Hefte erforderlich ist.

Finanzielle Förderung durch Sparkasse KölnBonn und Imhoff Stiftung

Das Projekt, welches im Herbst 2022 seinen Anfang nahm und knapp ein Jahr später für viel Freude sowohl bei seinen Leserinnen und Lesern als auch seinen Macherinnen und Machern sorgt, überzeugte im Prozess auch zwei große Förderer, die die »Bücherbande« finanziell unterstützen. Die Stadtbibliothek Köln schätzt sich sehr glücklich, dass die Imhoff Stiftung sowie die Sparkasse KölnBonn das Projekt und deren Umsetzung mit je 12 000 Euro großzügig fördern. Darüber hinaus gab die Imhoff Stiftung weitere Gelder zur Anschaffung neuer Kinderbücher. Auf diese Weise reißt das Lesevergnügen in den Kinderbuchbereichen der Stadtbibliothek Köln so schnell auch nicht ab.

Für die Mitarbeitenden der Stadtbibliothek ist es nach Einführung der »Bücherbande« ein großer Spaß, die kreativen Beiträge in den Heften der Kinder zu sehen. Und so wächst mit jedem gelesenen Buch und jedem Eintrag die »Bücherbande« weiter und erzählt von vielen Geschichten, Abenteuern und neuen Lesefreunden.

Julia Maximidou (Foto: privat) studierte Kunstgeschichte, Musik- und Medienwissenschaften in Marburg und Berlin. Seit September 2022 ist sie in der Stadtbibliothek Köln im Kommunikations-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement tätig. Zuvor arbeitete sie als Projektmanagerin für verschiedene Kölner Werbeagenturen und betreute internationale Unternehmen bei ihren Messeauftritten sowie diversen Kommunikationsmaßnahmen.

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