Schwere Vorwürfe gegen IFLA

Toxische Arbeitsatmosphäre und Intransparenz: Das schwedische Bibliotheksmagazin „Biblioteksbladet“ erhebt in seiner neuen Ausgabe schwere Vorwürfe gegen die IFLA.
Sorgt für mächtig Wirbel in der internationalen Bibliotheksszene: Die aktuelle Ausgabe des schwedischen Bibliotheksmagazins „Biblioteksbladet“ zur Situation der IFLA. Screenshot: Biblioteksbladet

Die Meinungs- und Informationsfreiheit gehört zu den Grundwerten des internationalen Bibliotheksverbands IFLA (International Federation of Library Associations and Institutions). Liest man die aktuelle Ausgabe des schwedischen Bibliotheksmagazins „Biblioteskbladet“, dann spielt dieser Grundsatz innerhalb der Organisation keine große Rolle. Das Magazin berichtet über eine „toxische Atmosphäre“ im IFLA-Hauptquartier in Den Haag, es werden Vorwürfe der Korruption, der Unterdrückung von abweichenden Meinungen und der versuchten Verhinderung der medialen Berichterstattung erhoben.

Das „Biblioteksbladet“ wird vom schwedischen Bibliotheksverband „Swedish Library Association“ herausgegeben, die aktuelle Ausgabe 4/22 widmet sich unter dem Titel „Angst und Abscheu in Den Haag“ komplett der angespannten Situation bei IFLA. Um Licht in die intransparenten Vorgänge zu bringen, hat „Biblioteksbladet“ eigens die in Schweden bekannte Investigativ-Journalistin Lisa Bjurwald zur Recherche in die Niederlande gesendet. Ebenfalls hat sie ein Interview mit der Whistleblowerin Suzanne Reid geführt, die längere Zeit für IFLA gearbeitet und die Untersuchungen ins Rollen gebracht hat.

Auskünfte verweigert

Zudem enthält die Ausgabe ein Porträt des seit März dieses Jahres freigestellten IFLA-Generalsekretärs Gerald Leitner, der mit seinem Management- und Führungsstil im Zentrum der Kritik steht und als wesentlicher Auslöser der Verwerfungen dargestellt wird. Umstritten ist nicht zuletzt Leitners Entlohnung, die von einem Jahresgehalt beim Einstieg im Jahr 2016 von 158.000 Euro auf zuletzt 336.000 Euro angestiegen sei. Hinzu komme, dass Leitner von der IFLA zwar mit einem – zweifelhaften – „Amicable settlement agreement“ zum Ende des Jahres verabschiedet worden sei, er aber nach wie vor Generalsekretär der IFLA-Stiftung SIGL (Stichting IFLA Global Libraries) ist, die die Millionenbeträge verwaltet, die von der „Bill & Melinda Gates Foundation“ an den Weltverband gespendet wurden.

Als besonders gravierend sieht „Biblioteksbladet“ die Versuche der IFLA-Führung an, Auskünfte zu verweigern und Untersuchungen zu unterbinden. Im Vorwort weist Chefredakteur Thord Eriksson darauf hin, dass die Generalsekretärin des schwedischen Bibliotheksverbandes Karin Linder aufgefordert worden sei, die IFLA-Artikel des „Biblioteksbladet“ zu stoppen – ansonsten, so habe die IFLA gedroht, würde ein Anwalt eingeschaltet. Im Nachwort dieser bemerkenswerten „Biblioteksbladet“-Ausgabe bestätigt Karin Linder den Vorfall und unterstreicht, wie sehr ein radikaler Wechsel bei IFLA notwendig sei.

Was die schwedischen Journalistinnen und Journalisten sonst noch über die IFLA herausgefunden haben, ist in der englischen Original-Ausgabe zu lesen.

Die BuB-Redaktion ist in Kontakt mit den schwedischen Kolleginnen und Kollegen und wird in ihrer Januar-Ausgabe 2023 in einem Themenschwerpunkt über die IFLA berichten. Darin werden auch deutsche IFLA-Funktionäre und IFLA-Funktionärinnen Gelegenheit haben, Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen. Unter anderem gibt es ein Interview mit der deutschen IFLA-Präsidentin Barbara Lison sowie mit dem Chefredakteur des schwedischen Bibliotheksmagazins Biblioteksbladet, Thord Eriksson.

Interessantes Thema?

Teilen Sie diesen Artikel mit Kolleginnen und Kollegen:

Kommentare

Nach oben