Seit einer Woche tobt der Krieg in der Ukraine. Zahlreiche Menschen auf ukrainischer wie auf russischer Seite, Soldaten genauso wie Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder wurden verletzt oder getötet. Die russische Zivilbevölkerung bekommt von dem Töten in der Ukraine nicht viel mit. Die russischen Staatsmedien verkünden nur die offizielle Staatspropaganda.
Franz Leithold, der stellvertretende Bibliotheksdirektor der Universitätsbibliothek Freiburg und selbst Slavist, appelliert nun an die russischen Kolleginnen und Kollegen in den Bibliotheken, den Menschen Zugang zu unabhängigen Medien zu ermöglichen. Den Brief, der per E-Mail verschickt werden soll, veröffentlichen wir auf deutsch und im russischen Original.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich schreibe Ihnen aus der Universitätsbibliothek in Freiburg, einer der ältesten Bibliotheken im Süden Deutschlands.
Mit großer Sorge verfolgen wir die Entwicklungen in der Ukraine und in Russland. Am Donnerstag, den 24. Februar erteilte Wladimir Putin der russischen Armee den Befehl, die Ukraine zu überfallen. Seitdem herrscht dort Krieg. Viele Menschen – mittlerweile auch mehr als 5.000 russische Soldaten – Kinder, Frauen und alte Menschen wurden getötet.
Mitten in Europa zerstören russische Streitmächte die Städte ihres direkten Nachbarn.
Die europäische Union musste antworten und hat dies durch wirtschaftliche Sanktionen und die Lieferung von Verteidigungswaffen an die Ukraine getan. Der russische Präsident hat daraufhin Europa mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht.
Dies ist eine katastrophale Entwicklung, der wir uns gemeinsam – Russen und Deutsche –entgegenstellen müssen.
Als Bibliothekare haben wir die Verantwortung, nicht nur unsere Bibliotheksbestände als Kulturgüter zu bewahren und zu schützen. Wir haben auch die Aufgabe, die Menschen mit gesicherten Informationen zu versorgen und ihnen einen freien Zugang zu Informationen, zu unabhängigen Medien, zu ermöglichen.
Wir bitten Sie, auch in Ihren Bibliotheken der Wahrheit Raum zu geben und die Menschen in Ihrem Land darüber zu informieren, was sich gerade in der Ukraine abspielt, auch wenn wir wissen, dass dies nicht ungefährlich ist.
Helfen Sie dabei, den Krieg in der Ukraine zu beenden und noch größeres Leid zu verhindern. Die europäische Union und Russland müssen wieder an einen Verhandlungstisch zurückkehren.
Mit kollegialen bibliothekarischen Grüßen,
Franz Leithold
Das Original auf russisch
Уважаемые коллеги!
Пишу вам из университетской библиотеки города Фрайбург, одной из старейших библиотек на юге Германии.
Мы с большой тревогой следим за тем, что происходит в Украине и в России. В четверг, 24 февраля, Владимир Путин отдал приказ российской армии вторгнуться в Украину. С тех пор там бушует война. Многие люди, включая детей, женщин и стариков, – к этому времени более 5000 российских солдат – были убиты.
Прямо в Европе российские войска разрушают города своей братской страны.
Европейский Союз был вынужден ответить на ситуацию и сделал это, введя экономические санкции и поставив Украине оборонительное оружие. Затем президент РФ угрожал Европе применением ядерного оружия.
Это катастрофическое развитие событий, которому мы - русские и немцы - должны противостоять вместе.
Как библиотекари, мы несем ответственность не только за сохранение и защиту наших библиотечных фондов как культурных ценностей, но и за обеспечение людей достоверной информацией и предоставление им свободного доступа к информации, к независимым СМИ (https://tvrain.ru; https://novayagazeta.ru).
Мы просим вас предоставить место для правды в ваших библиотеках и информировать людей в вашей стране о том, что происходит в Украине, хотя мы знаем, что это небезопасно.
Помогите нам положить конец войне в Украине и предотвратить еще большие страдания. Европейский Союз и Россия должны вернуться за стол переговоров.
С коллегиальным библиотечным приветствием
Franz Leithold