Publikationsberatung – eine neue Dienstleistung

Foto: Chinnapong - stock.adobe.com

Publikationsberatung an Universitäten: Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services / Karin Lackner; Lisa Schilhan; Christian Kaier (Herausgeber/-innen). Bielefeld: transcript Verlag, 2020. 396 Seiten: Illustrationen. ISBN 978-3-8376-5072-3 – Broschiert: EUR 39,–. Online (PDF, EPUB; cc by) frei verfügbar unter doi.org/10.14361/9783839450727

Die seit Jahrhunderten bestehende, sich durchaus bewährte Liaison zwischen Forschenden und Verlagen ist durch weitere verschiedenartige Kommunikations- und Verbreitungswege, die das Internet bietet, massiv in Unruhe geraten. Für Autorinnen und Autoren ist es nicht einfach, Ein- oder gar Überblick zu erhalten. Publikationsberatung ist von Nöten: Universitäten und Forschungseinrichtungen beziehungsweise die ihnen zugeordneten Bibliotheken sind gefordert, sich neben dem Bewahren und Erschließen von publizierten Forschungsergebnissen auch beim Publizieren derselben durch fundierte Beratung und das Bereitstellen von Infrastruktur zu engagieren.

Die Publikationslandschaft

Der Anspruch des vorliegenden Kompendiums ist klar formuliert: Gut platzierte Forschung ist nach wie vor die Basis für die Reputation ihrer Urheber und der dahinterstehenden Einrichtungen und insofern für beide überlebenswichtig. Dies kann nur geschehen mit umfassender Kenntnis der Publikationslandschaft und ihrer Mechanismen.

Durch den rasanten Anstieg des Publikationsvolumens ist der Markt heiß umkämpft – trotz begrenzten Budgets: dadurch motivierte Abhängigkeiten und sich gefährlich verschiebende Machtverhältnisse werden aufgezeigt. Die essentielle Bedeutung von Metadaten für die Sichtbarkeit und somit für das Messen und Zählen der einzelnen Publikation wird sogar in Kurznachrichtendiensten oder beim Hochladen eines PDFs relevant, also in Bereichen, die vordergründig gar nicht dem Publizieren zuzurechnen sind. Arbeitsinstrumente für die Auswahl eines für den Autor geeigneten Journals werden vorgestellt, unterschiedliche Peer-Review-Verfahren erläutert. Auf Urheber-, Persönlichkeits- und Verwertungsrechte wird Bezug genommen, aber auch die Bildrechte werden berücksichtigt. Bibliometrische Methoden werden gegeneinander abgewogen. Wir begleiten den gesamten Publikationsprozess über alle Dokumenttypen, werden mit der Farbenlehre des Open Access konfrontiert, tauchen in die Praktiken der einzelnen Verlage ein und können der aktuellen Diskussion um die Kosten(neu-)verteilung aufgeklärt folgen.

Kurz, wir erhalten einen gut verständlichen und fundierten Einblick in das wissenschaftliche Publikationswesen und dessen Prozesse im 21. Jahrhundert. Dieser kann 1:1 als Grundlage für unsere Beratungstätigkeit genutzt werden.

Struktur des Bandes

Das ausgefeilte Beratungsangebot der Universität Graz konnte die Fachcommunity bereits 2018 auf den dort abgehaltenen Open-Access-Tagen kennenlernen. Nun haben die drei dort beheimateten Karin Lackner, Lisa Schilhan und Christian Kaier aus ihrem Erfahrungs- und Wissensschatz einen beachtenswerten zweiteiligen Band vorgelegt, der sowohl die Aspekte des wissenschaftlichen Publizierens abhandelt (zwei Dritel des gedruckten Umfangs) als auch Hilfestellung zum Aufbau einer Publikationsberatung und deren Angebote im Einzelnen bietet. Eine Materialsammlung mit Postern und Folien für die Beratung und ein Fahrplan zum Aufbau einer entsprechenden Servicestelle – frei zugänglich im Netz – runden das Werk ab.[1]

Die inhaltlich für sich abgeschlossenen Artikel sind über Verweisungen miteinander verzahnt, weiterführendere Literaturangaben oder/und Links runden sie ab. So ist es möglich, den Band dem eigenen Interesse folgend zu lesen.

Die Beiträger/-innen

In den einzelnen Kapiteln ergänzen das Herausgeberteam nicht Unbekannte aus der Fachcommunity: Margo Bagheer (Historie und aktuelle Umbrüche), Xenia van Edig (Zeitschriften), Elisabeth Stadler (Bücher), Barbara Sánchez Solís, Paloma Marín-Arraiza, Christiane Stork, Magdalena Andrae (Forschungsdaten), Walter Scholger (Urheberrecht und offene Lizenzen) Nicole Föger (Wissenschaftliche Integrität), Ulrike Kändler (Open-Access-Finanzierung), Stefan Schmeja, Marco Tullney (Monitoring) Astrid Höller (Bibliometrie) und Gerald Lind (Publizieren und Promovieren). Die Kapitel zur Qualitätssicherung und zu Predatory, Sichtbarkeit und Auffindbarkeit stammen gänzlich aus ihrer eigenen Feder.

Für den Praxisteil zeichnen zusätzlich Eva Badonich, Gerlinde Maxi und Michaela Zottler verantwortlich. Hier werden die einzelnen Projektschritte, um die Services der zentralen Publikationsberatung an einer Bibliothek anzusiedeln und professionell zu etablieren, am Beispiel Graz detailliert und anschaulich beschrieben. Der Projektantrag liegt bei. Wir lernen die einzelnen Themenbereiche kennen und die dahinterliegende zielgruppenorientierte Marketingstrategie. Ein »best practice« im wahrsten Wortsinn!

Die Zielgruppe

Das Werk punktet mit fundiertem Fachwissen und präziser Detailkenntnis bei gleichzeitiger guter Lesbarkeit. Neben sachlicher Klarheit und Unaufgeregtheit finden sich kleine dezente Anmerkungen zwischen den Zeilen, die vom profunden Praxisbezug der Autoren zeugen. Das Werk richtet sich an Publizierende (vornehmlich Early Career Researcher, die eher bereit sind, sich neben den altbekannten auch auf neue Wege einzulassen) und Beratende gleichermaßen.

Landläufig darf Publikationsberatung nicht mit Beratung zu Open Access gleichgesetzt oder verwechselt werden. In diesem Werk geht es darum, dass Forschungsergebnisse grundsätzlich adäquat sichtbar, recherchierbar und wiederauffindbar gemacht werden – ein umfassendes Beratungs- und Serviceangebot aufgebaut wird, das den gesamten Publikationsprozess begleitet: Das ist eine gemeinsame Aufgabe der Universitäten mit ihren Bibliotheken, denn letztlich profitieren Einrichtung und Angehörige.

Sie werden sich beim Lesen wiederfinden und dann fasziniert feststellen, dass es noch viel besser geht, egal ob als Mitarbeiter im Career Center, in der Bibliothek, der Schreibberatung, der Beratungsstelle für die Vergabe von Forschungsgeldern oder als Publizierende selbst.

Wir sind reif für das Thema Publikationsberatung! Torsten Graw hat es in seiner Bachelorarbeit an der TH Köln[2] dank einer umfangreichen Umfrage herausgearbeitet und der Run auf das neu eingeführte Format der Webinarreihe »Open Access Talk«[3], welches die TIB Hannover im Rahmen des Projekts open-access.network organisiert, belegt es. Möge dieser Praxisleitfaden auf fruchtbaren Boden fallen. Klare Lese- und (Umsetzungs-)empfehlung!

Ute Grimmel-Holzwarth / 29.12.2020

zuerst erschienen in BuB 10/2020

 

 

 

 [1.]https://doi.org/10.25364/publikationsberatung-materialien [abgerufen 30.08.2020]

 

 [2.]Graw, Torsten: Die Open-Access-Publikationsberatung als Handlungsfeld wissenschaftlicher Bibliotheken: Herausforderungen und Potentiale in der Vermittlung von Publikationskompetenz. TH Köln, Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften, Studiengang Bibliothekswissenschaft, Bachelorarbeit, 2020. Online unter nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:79pbc-opus-15956 [abgerufen 30.08.2020]

 

 [3.]https://open-access.net/community/veranstaltungen/veranstaltungen-des-projekts-open-accessnetwork/open-access-talk [abgerufen 30.08.2020]

Interessantes Thema?

Teilen Sie diesen Artikel mit Kolleginnen und Kollegen:

Nach oben