Berlin. Der Dachverband der Bibliotheksverbände, Bibliothek & Information Deutschland (BID), verleiht die Karl-Preusker-Medaille 2020 an den gemeinnützigen Verein Wikimedia Deutschland. Die Bundesvereinigung würdigt damit die jahrzehntelange Partnerschaft, die Bibliotheken und Wikimedia seit der Gründung des Vereins 2004 verbindet. Die Preisverleihung fand am 18. November als Digitalveranstaltung statt und wurde von der Universität Rostock im Internet übertragen. Die Laudatio hielt Antje Theise, Direktorin der Universitätsbibliothek Rostock.
Die Jurybegründung
Wikimedia und Bibliotheken stehen für ähnliche Werte in der Informationsgesellschaft, indem sie sich für einen freien Zugang zu Wissensinhalten und für offene Bildungsangebote einsetzen, so die Begründung der Jury. Wikimedia tritt seit vielen Jahren dafür ein, dass digitalisierte Archiv- und Bibliotheksbestände, öffentlich beauftragte Softwarelösungen und Inhalte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten allen Nutzenden grundsätzlich frei zur Verfügung gestellt und die dafür nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dieses Engagement sieht die Jury als wichtigen Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit.
Auf der Grundlage ihrer gemeinsamen Ausrichtung haben Wikimedia und Bibliotheken immer wieder konstruktiv und zu gegenseitigem Vorteil zusammengearbeitet. Durch diese Kooperation hat der digitale Wandel in Bibliotheken wichtige Impulse erhalten. Bereits in der Frühzeit der Digitalisierung schufen Wikipedianerinnen und Wikipedianer durch Texttranskriptionen wichtige Grundlagen für die elektronische Verfügbarkeit von Bibliotheksbeständen. Umgekehrt liefern Bibliothekarinnen und Bibliothekare beispielsweise im Projekt »#1Lib1Ref« (One Librarian, One Reference) die so wichtigen Referenzangaben für Wikipedia-Artikel. Gemeinsame Hackathons, etwa im Coding Da Vinci-Projekt, oder die Zusammenarbeit der Deutschen Digitalen Bibliothek mit Wikidata, der frei zugänglichen Wissensdatenbank von Wikimedia, zeigen die enge Verzahnung der beiden Welten.
Enge Kooperation
Auch beim Kerngeschäft von Bibliotheken, der Speicherung und dem Wiederauffinden von Informationen, kooperieren Bibliotheken mit Wikimedia. So beteiligen sich ehrenamtlich Mitarbeitende an der Pflege der Gemeinsamen Normdatei der Deutschen Nationalbibliothek.
Aufgrund dieser engen Zusammenarbeit hat Wikimedia in vielen Facetten einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung des Bibliothekswesens geleistet und wird deshalb mit einer der höchsten Auszeichnungen im deutschen Bibliothekswesen geehrt.
Die Laudatorin Antje Theise sieht in der Kooperation von Bibliotheken und Wikimedia weiterhin ein großes, noch lange nicht ausgeschöpftes Potenzial: »Die digitale Allmende wird durch die Zusammenarbeit weiter ausgebaut, sie wird besser sichtbar, erlebbar und nutzbar gemacht werden können.«
Anlässlich der Auszeichnung veröffentlichte Wikimedia Deutschland gemeinsam mit der Deutschen Nationalbibliothek auch das WikiLibrary-Manifest. Das Manifest konkretisiert die Vision eines zuverlässigen, maschinenlesbaren und gemeinschaftlich aufgebauten Open-Data-Netzwerks für Kunst, Kultur und Wissenschaft. Hierfür kommt Wikibase, die Software der freien Wissensdatenbank Wikidata, zum Einsatz. Auch der Berufsverband Information Bibliothek (BIB) gehört zu den Unterzeichnern des »Wikimedia Library Manifest«.
Podiumsdiskussion
Im Anschluss an den eigentlichen Festakt fand eine Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung zum Thema »Zusammenarbeit und Vernetzung mit Bibliotheken im Fokus« statt. Dabei ging es um Möglichkeiten der Teilhabe von Bibliotheken in der offenen Wissensgesellschaft. Es wurde unter anderem der Frage nachgegangen, bei welchen GLAM-Projekten ein Zugang für Bibliotheken einfach möglich ist, welche Möglichkeiten Structured und Linked Data für die Bibliotheken bieten und wie Wikibase als Ökosystem die Bibliotheken unterstützen kann. Am Podium nahmen teil:
Barbara Fischer, Deutsche Nationalbibliothek
Lydia Pintscher, Wikimedia Deutschland e.V.
Raimond Spekking, Freiwilliger Mitarbeiter bei Wikipedia
Moderation: Antje Theise, Direktorin der Universitätsbibliothek Rostock
Karl-Preusker-Medaille
Die Auszeichnung wird seit 1996 an Personen und Institutionen verliehen, die den Kultur- und Bildungsauftrag des Bibliothekswesens in herausragender Weise fördern und unterstützen. Zu den Persönlichkeiten, die bisher mit der Medaille geehrt wurden, gehören unter anderem Bundespräsident a. D. Horst Köhler, Ranga Yogeshwar und die Allianz der Wissenschaftsorganisationen.
Der Jury gehören Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Journalismus und aus den Biblio-theksverbänden an.
Die Karl-Preusker-Medaille erinnert an Karl Benjamin Preusker (1786-1871), der am 24. Oktober 1828 im sächsischen Großenhain eine Schulbibliothek gründete, aus der wenig später die erste Öffentliche Bibliothek in Deutschland hervorging.
Weitere Informationen zur Karl-Preusker-Medaille gibt es hier.
Die Dokumentation der Veranstaltung mit Links zu den Reden und zur Livestream-Aufzeichnung gibt es hier.
red / 10.9.2020
aktualisiert am 18.11. und 23.11.2020