Stuttgart. In der Debatte um die Lesekompetenz in Deutschland wird Lesen als zentrale Bildungsvoraussetzung, als Schlüsselqualifikation und Basis für eine erfolgreiche Schul- und Ausbildungslaufbahn herausgestellt. Entgegen aller Befürchtungen ist der Anteil der Jugendlichen, die regelmäßig außerhalb der Schule freiwillig Bücher lesen, trotz gesteigerter Internetnutzung seit vielen Jahren konstant geblieben. Das geht aus der aktuellen »Jugend-, Information- und Multimedia-Studie« (kurz JIM) des Medienpädagogischen Forschungsverbands Südwest hervor.
Der Anteil der regelmäßigen Leser unterliegt der Studie zufolge zwar geringen Schwankungen, bewegt sich jedoch immer um die 40 Prozent-Marke. Zwei von fünf Jugendlichen sind regelmäßige Leser, die mehrmals pro Woche in ihrer Freizeit zum Buch greifen.
Dabei schlägt sich die höhere Affinität der Mädchen zu Büchern entsprechend deutlich in ihrem Leseverhalten nieder. Jedes zweite Mädchen, aber nur gut jeder vierte Junge liest regelmäßig Bücher. 22 Prozent der Jugendlichen lesen täglich, während vier von fünf Jugendlichen zumindest selten lesen. Am anderen Ende der Skala stehen 19 Prozent Nichtleser, die nie Bücher lesen. Dieser Anteil ist bei den Jungen mit 26 Prozent mehr als doppelt so hoch wie bei den Mädchen (11 Prozent). Über die Altersgruppen gesehen ist der höchste Anteil der Nichtleser mit 23 Prozent bei den 16- bis 17-Jährigen festzustellen. E-Books haben sich noch nicht im Alltag der Jugendlichen durchgesetzt. Nur fünf Prozent lesen regelmäßig E-Books (Mädchen: 8 Prozent, Jungen: 3 Prozent), 18 Prozent zumindest selten (Mädchen: 21 Prozent, Jungen: 15 Prozent). Hierbei zeigt sich jedoch bereits eine Tendenz zur häufigeren Nutzung bei den Jüngeren. Sieben Prozent der Zwölf- bis 13-Jährigen nutzen regelmäßig E-Books, während es bei den volljährigen Befragten nur drei Prozent sind.
Große Bandbreite an gelesenen Titeln
59 Prozent der Jugendlichen, die zumindest selten Bücher lesen, gaben bei der Umfrage des Forschungsverbandes, gerade ein Buch zu lesen. Auch dies bejahten deutlich mehr Mädchen (64 Prozent) als Jungen (52 Prozent). Die Bandbreite der derzeit gelesenen Titel ist dabei sehr groß. Sie reicht von Titeln der »Twilight«-Reihe bis hin zur Gegenwarts-Satire »Er ist wieder da« von Timur Vermes. Die meistgenannten Titel in diesem Jahr sind »Harry Potter« und »Die Tribute von Panem«. Anschließend folgen »Die Bestimmung« von Veronica Roth, die Comic-Roman-Serie »Gregs Tagebuch« sowie der Roman »Das Schicksal ist ein mieser Verräter« von John Green. Insgesamt sind Fantasy-Titel, wie beispielsweise aus der »Eragon«-Reihe, sehr häufig vertreten.
In der ersten Jahreshälfte (Januar bis Mai 2014) hatten die Jugendlichen nach eigener Schätzung durchschnittlich neun Bücher gelesen.
In der JIM-Studie 2014 wurde zum zweiten Mal die Lesedauer der Jugendlichen erfasst. Durchschnittlich verbringen die Zwölf- bis 19-Jährigen nach eigener Einschätzung 61 Minuten pro Tag (Mo-Fr) mit dem Lesen von Büchern. Mädchen lesen mit 75 Minuten aber deutlich länger als Jungen (48 Min.). Zudem ist auffällig, dass die Lesedauer der Mädchen (2013: 74 Min.) konstant geblieben ist, während die der Jungen (2013: 56 Min.) um acht Minuten abgenommen hat. Alterseffekte können nicht festgestellt werden.
Die JIM-Studie dokumentiert seit 1998 die Mediennutzung von Jugendlichen in Deutschland. In dieser Zeit hat das Internet stetig Einzug in den Alltag der Zwölf- bis 19-Jährigen gehalten und ist mittlerweile fester Bestandteil des jugendlichen Medienrepertoires. Im Jahr 1998 zählten lediglich fünf Prozent der Jugendlichen zu den regelmäßigen Internetnutzern. Innerhalb der folgenden Jahre stieg diese Zahl beständig bis zum aktuellen Niveau von 89 Prozent. Dies sind einige Ergebnisse der Publikation »15 Jahre JIM-Studie« von 2013 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (steht unter www.mpfs.de zum Download zur Verfügung).
Bücher haben weiterhin einen hohen Stellenwert
Unabhängig von den »neuen Medien« besitzen Bücher, Fernsehen und Radio weiterhin einen hohen Stellenwert für Jugendliche. Die Daten der letzten Jahre zeigen, dass fast alle traditionellen Medien von Jugendlichen in vergleichbarer Häufigkeit wie vor 15 Jahren genutzt werden – das Medienrepertoire von Jugendlichen wird durch neue Medien kontinuierlich ergänzt und erweitert.
Die repräsentative JIM-Studie bildet das Medienverhalten der Jugendlichen in Deutschland ab. Für die Basisstudie werden jährlich etwa 1 200 Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren telefonisch befragt.
Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest ist eine Kooperation der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK).