Kiel/Hamburg. Twitter spielt für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kaum eine Rolle. Stattdessen stehen spezialisierte Anwendungen wie Academia, Dropbox oder Moodle hoch im Kurs. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia wird in Forschung und Lehre besonders viel genutzt. Dies teilt der Leibniz-Forschungsverbund Science 2.0 in seinem aktuellen Studienbericht zu einer entsprechenden bundesweiten Befragung mit.
Soziale Medien wie Wikipedia, Netzwerkplattformen und YouTube haben nicht nur den Alltag der Deutschen erobert, sondern prägen auch die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen. Zu den meistgenutzten Anwendungen in der Wissenschaft zählen die Online-Enzyklopädie Wikipedia (von 95 Prozent der Befragten beruflich genutzt) und Content Sharing- beziehungsweise Cloud-Dienste wie beispielsweise Dropbox oder Slideshare (68 Prozent), die jeweils von mehr als zwei Dritteln der Wissenschaftler für berufliche Zwecke genutzt werden.
Damit erreichen diese Medien in der Wissenschaft einen deutlich höheren Nutzungsgrad als in der Bevölkerung allgemein. Dies belegen Zahlen einer bundesweiten Befragung von Wissenschaftlern, die vom Leibniz-Forschungsverbund Science 2.0 von September bis Oktober 2013 durchgeführt wurde.
Die Forschenden wählen zielgerichtet Anwendungen aus, die für ihre Arbeit besonders effizient sind. Der praktische Nutzen und die Erleichterung und Beschleunigung des Arbeitsalltages sind die meistgenannten Motive für den Einsatz der Onlinewerkzeuge. Neben speziell für die Wissenschaft entwickelten Anwendungen wie Content Sharing-Plattformen, Fachwikis, Lernmanagementsystemen, wissenschaftlichen sozialen Netzwerken wie Academia.edu und Online-Literaturverwaltungen wie Mendeley wählen sie auch allgemein verbreitete Tools wie Videokonferenzsysteme wie Skype oder Videoplattformen wie Youtube. Für den Zugriff auf die Anwendungen werden neben Notebooks (90 Prozent) und PCs (76 Prozent) von mehr als der Hälfte der Befragten Smartphones genutzt.
Während fast alle Anwendungen eine Rolle in der Forschungstätigkeit spielen, werden für die Wissenschaftskommunikation vor allem Web 2.0-Anwendungen wie Netzwerkplattformen (von 32 Prozent der Befragten genutzt), aber auch Kommunikationstools wie Mailinglisten (39 Prozent), Chat beziehungsweise Instant Messaging (30 Prozent) und Videokonferenzen (33 Prozent) genutzt. Für administrative Aufgaben werden im wissenschaftlichen Umfeld vor allem Mailinglisten (22 Prozent) und Content Sharing-Dienste (21 Prozent) eingesetzt. In der Lehre dominieren dagegen Wikipedia (60 Prozent) sowie Lernmanagementsysteme (43 Prozent).
Aus der Alltagskommunikation bekannte und beliebte Web 2.0-Dienste wie Weblogs, Social Networks und Social Bookmarking-Dienste werden nur in geringem Maß zu beruflichen Zwecken von den Wissenschaftlern eingesetzt. Der Microblogging-Dienst Twitter erweist sich in der Wissenschaft als Hypemedium, über das mehr gesprochen wird, als es tatsächlich genutzt wird. Microblogging-Dienste werden von zehn Prozent der Befragten beruflich genutzt.
Allerdings bleiben auch speziell für Lehre und Forschung entwickelte Anwendungen wie Lernmanagementsysteme und Literaturverwaltungen hinter ihren Möglichkeiten zurück. Immerhin fast 50 Prozent der Befragten nutzen diese Tools nicht oder kennen sie gar nicht, obwohl sie zum elementaren Handwerkszeug der Wissenschaft gehören. Fast 90 Prozent der Befragten können mit dem Begriff einer »Virtuellen Forschungsumgebung« nichts anfangen, deren Entwicklung aktuell von vielen Wissenschaftsorganisationen gefordert und gefördert wird. Hier zeigt die Studie Entwicklungsbedarf auf, um das World Wide Web, das einst für die Wissenschaft erfunden wurde, noch stärker in deren Dienst zu stellen.
Der Datenreport steht unter http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-132962 zum Download bereit. (20.3.2014)