Längst ist er international geworden, der Deutsche Bibliothekartag. Viele Teilnehmer reisen aus dem Ausland an, auf den Gängen hört man immer wieder Gespräche, die auf Englisch geführt werden. Im Roten Rathaus hat Klaus Lederer (Die Linke), stellvertretender Bürgermeister und Kultur- und Europasenator von Berlin, die ausländischen Gäste am Mittwochabend begrüßt. Rund 80 Bibliothekare und Bibliothekarinnen aus 15 Ländern sind der Einladung zu dem Rathaus-Empfang gefolgt, darunter Kollegen und Kolleginnen aus den USA, den Niederlanden, Frankreich, Luxemburg, Tschechien und weiteren Ländern.
„Ein Rathaus-Empfang für die ausländischen Gäste ist mittlerweile schon Tradition beim Bibliothekartag“, sagt Frank Redies von BI-International, der den Empfang mit organisiert hat. Der Abend diene vor allem dazu, internationale Kontakte zu knüpfen. Außerdem biete der Rathaus-Empfang eine gute Möglichkeit, Kontakte zur Lokalpolitik zu knüpfen und die Anliegen der Bibliotheken vorzutragen.
Die Bibliothek als dritter Ort
„Bibliotheken sind längst keine Ausleihstationen für Bücher mehr“, sagt Lederer. Stattdessen entwickelten sich die Bibliotheken zu dritten Orten und installierten Makerspaces. Je nach der baulichen Situationen sei das manchmal sehr gut und manchmal jedoch auch überhaupt nicht umsetzbar. Lederer identifiziert drei wichtige Punkte für die Zukunft der Berliner Bibliotheken: die Modernisierung der Ausstattung, eine Standortfestlegung für die Zentral- und Landesbibliothek und eine planvolle Entwicklung des Bibliothekswesens. In Berlin sei die Bibliotheksentwicklung in den vergangenen Jahren stark zusammengestrichen worden. Eine „Bibliotheksmilliarde“, die Konstanze Söllner, Vorsitzende des Vereins Deutschen Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) zur Eröffnung des Bibliothekartags ins Gespräch brachte, hält Lederer allerdings für unrealistisch. Eine Entwicklung könne nur Schritt für Schritt erfolgen.
Beim Empfang der ausländischen Gäste dominierten gooüberwiegend die internationalen Themen. Der Austausch darüber, wie Bibliotheken in anderen Ländern funktionieren können, sei enorm wichtig, sagt Heinz-Jürgen Lorenzen, Präsident von Bibliothek & Information Deutschland. Das derzeitige Gastland USA sei in dieser Hinsicht fantastisch. Es gebe einen sehr intensiven Austausch. Ab kommendem Jahr werden die Niederlande das Gastland der BID sein. „Wir hätten gerne wieder ein Gastland, das uns befruchtet“, begründet Lorenzen, warum die Wahl auf die Niederlande gefallen sei. Dort seien die Bibliotheken noch viel stärker als dritte Orte in den Gemeinden verortet. Nach Lorenzens Ansicht ein Vorbild für deutsche Bibliotheken.
Als Vertreterin des derzeitigen Gastlandes USA reiste Loida Garcia-Febo an, bis Ende Juni noch President Elect der American Library Association (ALA), ehe ihre Amtszeit offiziell beginnt. „Es ist wundervoll zu sehen, wie ein gewählter Offizieller Bibliotheken unterstützt“, sagt Garcia-Febo auf die Ansprache Lederers angesprochen. Garcia-Febo ist bereits seit 2011 regelmäßig auf Deutschen Bibliothekartagen unterwegs, den sie als eine der wichtigsten internationalen Konferenzen im Bibliotheksbereich erachtet. Vor allem die Programme zur Flüchtlings- und Integrationsarbeit in deutschen Bibliotheken seien innovativ, sagt Garcia-Febo. Auch in den USA sei dies derzeit ein sehr aktuelles Thema.
Themen werden internationaler
Auch Marshall Breeding aus Nashville in Tennessee schätzt am Bibliothekartag, dass die Themen sehr ähnlich zu denen in den USA sind: „Wir haben die gleichen Themen, aber unterschiedliche Wege, damit umzugehen.“
„Im Zuge der Globalisierung werden Themen international“, sagt Ute Engelkenmeier, neu gewählte Vorsitzende des Berufsverbands Information Bibliothek (BIB). Ein Austausch mit Kollegen und Kolleginnen sei sinnvoll. Man stehe schließlich vor den gleichen Herausforderungen.
Ist der Bibliothekartag also mittlerweile eine internationale Konferenz? „Meiner Ansicht nach ist er das noch viel zu wenig“, sagt Andreas Degkwitz, Direktor der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin. Degkwitz wünscht sich vor allem, eine stärkere Vernetzung zu Kollegen und Kolleginnen aus Mittel- und Nordeuropa. „Es müssen Partner sein, die auf einem ähnlichen Niveau arbeiten“, ergänzt er.
Engelkenmeier könnte sich für den Bibliothekartag auch einmal einen englischsprachigen Strang vorstellen oder sogar, einen Teil der Konferenz live zu streamen. „Das“, sagt Engelkenmeier, „fände ich toll.“
Steffen Heizereder / 14.6.2018