EuGH: Bibliotheken dürfen E-Books wie gedruckte Bücher verleihen

EuGH
gerichtshof.jpg

[caption id="attachment_7560" align="alignleft" width="597"]EuGH Der Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg hat über das verleihrecht von E-Books entschieden und diese Büchern gleichgestellt. Foto: Gerichtshof der Europäischen Union[/caption]

 

 

 

Nach der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Fall C‑174/15 (Vereniging Openbare Bibliotheken / Stichting Leenrecht) dürfen Bibliotheken in der gesamten Europäischen Union E-Books verleihen. Wie der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) mitteilt, ist demnach die Verleihrechts-Richtlinie aus dem Jahr 2006 (2006/115/EG) so auszulegen, dass das »Verleihen«, das dort definiert ist als »zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung«, auch die »Leihe« von E-Books umfasst.

 

Voraussetzung dafür ist, dass das E-Book, für das eine Bibliothek eine Lizenz besitzt, zeitgleich nur von der in der Lizenz festgelegten Anzahl von Benutzern auf den Computer geladen werden kann. Die E-Book-Datei auf dem Computer des Ausleihenden muss sich nach der in der Lizenz festgelegten Nutzungsdauer wieder automatisch zerstören.

 

Die Bibliotheken haben die Klärung dieser Rechtslage mit Spannung erwartet. In der digitalen Welt erhalten elektronische Medien eine zunehmende Bedeutung und ersetzen immer häufiger gedruckte Bücher. Wenn der EuGH anderweitig entschieden hätte, könnten die Verlage – anders als bei gedruckten Büchern – bestimmen, welche E-Books die Bibliotheken ihren Nutzern verfügbar machen können und welche sie nur direkt den Lesern verkaufen. Bestseller hätte es dann in Bibliotheken immer weniger gegeben.

Autoren profitieren von EuGH-Entscheidung

»Diese Entscheidung des Gerichts zeigt eine gute Richtung für Bibliotheken auf. Als Basis für neue nationale gesetzliche Regelungen sollte sie Grundlage sein«, sagt die dbv-Bundesvorsitzende Barbara Lison. „Mit dieser Rechtsprechung müssen Bund und Länder künftig auch für E-Ausleihen eine Vergütung abführen. Davon werden endlich auch die Autoren profitieren und ggf. andere Rechteinhaber, denn durch die Regelung ist gewährleistet, dass ihnen für das Verleihen über die Verwertungsgesellschaften eine sogenannte Bibliothekstantieme ausgeschüttet wird«, interpretiert Lison das Urteil weiter.

 

Im deutschen Recht ist dafür keine Änderung erforderlich. Die einschlägigen Normen des Urheberrechtsgesetzes (§§ 17 Abs.2 und § 27 Abs.2) erlauben die E-Ausleihe im Sinne dieser Entscheidung bereits jetzt.

 

Sie müssten nach dbv-Angaben wie folgt interpretiert werden:

  1. Mit dem Erwerb, das heißt dem Download eines E-Books, ist das exklusive Verbreitungsrecht des Anbieters an diesem E-Book »erschöpft« (§ 17 Abs.2 UrhG). Nach dem »Inverkehrbringen« einer Kopie des E-Books mit Zustimmung des Urhebers kann es damit auch weiter verkauft und grundsätzlich auch verliehen oder verschenkt werden. Der EuGH hat entschieden, dass die in der Urheberrechtsrichtlinie von 2001 (2001/29/EG, Art. 4 Abs.2) vorgesehene »Erschöpfung« auch für heruntergeladene E-Books gilt.
  2. Weil die Regeln der EU-Verleih-Richtlinie in Deutschland dem § 27 Abs.2 UrhG zu Grunde liegen, dürfen Bibliotheken ihren Kunden nach Erwerbung einer entsprechenden Lizenz, die nicht mehr verweigert werden kann, E-Books zeitlich begrenzt überlassen.

red / 14.11.2016

Interessantes Thema?

Teilen Sie diesen Artikel mit Kolleginnen und Kollegen:

Nach oben