Wer schreibt die Kinderbücher, die in unseren Bibliotheken und Buchläden stehen, und wer sind die Heldinnen und Helden der Geschichten? Wie sehen die Figuren in den Illustrationen dazu aus? Und wer steht hinter den Entscheidungen in Verlagen, welche und wessen Bücher publiziert werden? Wer kauft welche Bücher in den Bestand einer Bibliothek und was wird aus welchen Gründen in der Presse rezensiert? Dies sind Fragen, die sich weiße, heterosexuelle und »able-bodied« Personen noch immer zu selten stellen. Das Projekt »DRIN – Visionen für Kinderbücher« hat zum Ziel, dies zu ändern.
Kinderbücher prägen das Weltbild, mit dem wir aufwachsen. Für Kinder ist es wichtig, sich in Geschichten, Illustrationen und Erzählungen wiederfinden zu können und gleichzeitig die Vielfalt an Lebensrealitäten, die sie umgeben, kennenzulernen. Aber spiegelt die aktuelle Kinderliteratur in Deutschland, Finnland und anderen (nord)europäischen Ländern die gesellschaftliche Diversität wider oder macht sie einen wachsenden Teil ihrer jungen Bevölkerung unsichtbar?
Vernetzung, Ermächtigung und gute Beispiele
Das Goethe-Institut Finnland hat sich gemeinsam mit Partnern in Nordeuropa, Irland und den Niederlanden sowie drei Expertinnen zum Ziel gesetzt, den Buchmarkt für Kinder hinsichtlich dieser Fragestellung unter die Lupe zu nehmen und am Status Quo zu rütteln. Die inhaltlichen Schwerpunkte bei diesem Projekt setzen dabei nicht nur das Goethe-Institut und seine Partnerorganisationen, in denen vorrangig Personen arbeiten, die der weißen Mehrheitsgesellschaft angehören. Drei Expertinnen– die Illustratorin Warda Ahmed aus Finnland, die Illustratorin EL BOUM und die Autorin Chantal-Fleur Sandjon aus Deutschland – gestalten mit ihrer Expertise, ihren Netzwerken und ihren Erfahrungen die Projektentwicklung und definieren die Zielerreichung mit.
Das Projekt DRIN stellt sich der Notwendigkeit, Ermächtigung und Mitgestaltung aller in unseren Gesellschaften zu ermöglichen. Es fragt: Wie lassen sich alternative, unterrepräsentierte Narrative von Stimmen und Bildern einführen? Welche guten Beispiele können wir teilen? Und was können die verschiedenen Akteurinnen und Akteuere in diesem Bereich – Autorinnen und Autoren, Illustratorinnen und Illustratoren, Verlage, Bibliotheken und Leser/-innen – voneinander lernen?
Hauptziele des Projekts sind die Förderung von Wissensaustausch, Empowerment, Vernetzung, Capacity Building, Bewusstseinsbildung sowie Ergebnissicherung. Zur Ergebnissicherung wird aus den Projekterfahrungen und Veranstaltungen ein Guide entwickelt, der Bedürfnisse abfragt, Kriterien listet und Visionen für eine pluralistischere Kinderliteratur zeichnet. Der Guide stellt eine nachhaltige Wissensvermittlung auch nach Projektende sicher und wird ab Ende Oktober 2021 auf der Webseite des Goethe-Instituts Finnland als Open Source-Datei zu finden sein. Veröffentlicht wird der zunächst englischsprachige Guide während der Buchmesse Frankfurt.
Mehr zum Projekt
Wer sich unabhängig von Veranstaltungen zum Thema informieren möchte, findet auf der Webseite Materialen und Aufzeichnungen vergangener Veranstaltungen. Zur Einführung ins Thema empfiehlt sich zum Beispiel die Video-Keynote von Prof. Maureen Maisha Auma mit dem Titel »Bridging the Diversity Gap in Children’s Literature«, für die Bibliotheksarbeit spannend ist zudem der Vortrag von Woody Oliphant aus Schweden zum Thema Diversität aus Bibliotheksperspektive. Auch eine Vielzahl an Artikeln zum Thema aus verschiedenen Perspektiven findet sich auf der Webseite sowie eine allmählich wachsende Liste von Büchern, die das Projekt empfiehlt. Wer Interesse an Listen hat, ist zum Beispiel auch bei der Fachstelle Kinderwelten gut aufgehoben, die in regelmäßigem Abstand diversitätssensible Bücherlisten veröffentlicht.
Auf der Webseite des Projekts (www.goethe.de/drin) sind kommende Veranstaltungen zu finden sowie eine Liste der beteiligten Partnerorganisationen. Wer mehr wissen will, kann mit den Organisatorinnen und Organisatoren des Projekts Kontakt aufnehmen – und den ausführlichen Beitrag in der kommenden BuB-Oktoberausgabe lesen.
Alexandra Stang (Goethe-Institut Finnland) mit Chantal-Fleur Sandjon (Autorin)