Die Ausleihe von Gegenständen durch Bibliotheken unter dem Namen »Bibliothek der Dinge« findet als Konzept in Öffentlichen Bibliotheken immer weiter Verbreitung. Dabei werden vor allem Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, zum Beispiel Küchenutensilien, Werkzeuge und Sportgeräte verliehen und damit das Dienstleistungsportfolio erheblich erweitert. Zuletzt wurde im KAP1 in Düsseldorf eine solche Ausleihe etabliert.
Häufig wird der Nachhaltigkeitsaspekt als einer der Gründe für die Einführung angeführt, weil es durch gemeinschaftliches Leihen und Teilen zu einer Änderung des Konsumverhaltens und damit letztlich zu einer nachhaltigeren Gesellschaft käme. Nachhaltigkeit ist jedoch ein komplexes Thema, das neben ökologischen auch soziale und wirtschaftliche Aspekte umfasst, was die Nachhaltigkeitsbewertung deutlich erschwert. Bibliotheken der Dinge können daher nicht ohne Weiteres als nachhaltig bezeichnet werden. Nun wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) untersucht, wie Bibliotheken der Dinge in Öffentlichen Bibliotheken konzipiert und umgesetzt werden – und welche Rolle Nachhaltigkeit dabei einnimmt. Dafür wurden Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Öffentlichen Bibliotheken geführt, um Einblicke in den Aufbau und die Arbeitsabläufe in Bibliotheken der Dinge zu gewinnen. Zusätzlich wurde eine Analyse der Websites und Onlinekataloge dieser Einrichtungen durchgeführt, mit dem Ziel herauszufinden, wie diese beworben werden und welche Gebrauchsgegenstände zur Ausleihe stehen.
Eines der Ergebnisse der Bachelorarbeit war, dass die Motivation, eine Bibliothek der Dinge einzuführen, je nach Einrichtung unterschiedliche Ausprägungen hat, die vor allem darauf zielen, neue Zielgruppen zu erschließen und die Attraktivität der Bibliothek zu steigern. Der Nachhaltigkeitsaspekt spielt in den Überlegungen zur Einrichtung dieses Angebots eine eher untergeordnete Rolle und die Hauptmotivation ist eher dem Bereich des Marketings zuzuordnen, um bereits vorhandene und potenzielle Nutzerinnen und Nutzer zu mobilisieren. So werben 20 von insgesamt 53 betrachteten Bibliotheken damit, dass Nutzerinnen und Nutzer einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten können, wenn sie das Angebot der Bibliothek der Dinge in Anspruch nehmen. 29 der Bibliotheken verweisen hingegen auf die Vorteile, die sich direkt für die Nutzerinnen und Nutzer ergeben, wie beispielsweise, dass sie Geld und Stauraum für Gegenstände sparen könnten, die sie nur selten benutzen würden.
Höherer finanzieller Aufwand
In Bezug auf den Sammlungsaufbau sind unterschiedliche Herangehensweisen in Bibliotheken der Dinge feststellbar. Dabei stehen Bibliotheken vor allem vor der Herausforderung, ihre Auswahl insbesondere bei Geräten und Werkzeugen so zu treffen, dass diese ihren qualitativen Ansprüchen genügen und gleichzeitig nicht zu teuer sind. Der finanzielle Aufwand für die Bibliothek der Dinge ist dabei in Anbetracht des begrenzten Budgets Öffentlicher Bibliotheken deutlich höher als für den klassischen Medienbestand, da dieser Produktbereich grundsätzlich andere Preise aufruft. Eine Großzahl der befragten Bibliotheken hat deshalb geäußert, dass sie mit preiswerteren Gegenständen ihre Sammlung aufbauen. Nur in sehr wenigen Fällen werden teure Gegenstände angeschafft. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein häufig ausgeliehener Gegenstand kaputtgeht und der Anspruch besteht, diesen durch einen qualitativ hochwertigeren Gegenstand zu ersetzen.
Darüber hinaus entschließen sich einige der befragten Bibliotheken, bestimmte Gegenstände (zum Beispiel Werkzeuge) nicht in ihre Sammlung aufzunehmen, da sie eine Haftung in Schadensfällen befürchten und daher die Ausleihe dieser Geräte nicht verantworten möchten. Ähnliches gilt für Gerätschaften, bei denen es hygienische Aspekte zu berücksichtigen gilt, und für Dinge, die nach der Nutzung einer besonderen Reinigung unterzogen werden müssen, so gelten zum Beispiel Blasinstrumente oder Raclette-Grills als schwierig. Auch Gegenstände beziehungsweise Verleihpakete, die aus ganz besonders vielen Einzelteilen bestehen, werden eher ungern angeschafft. Diese Bedenken werden durch die Ergebnisse der Analyse der Onlinekataloge gestützt. Während 51 der 53 betrachteten Bibliotheken elektronische Geräte und 50 von ihnen Gegenstände zur Freizeitgestaltung verleihen, bieten lediglich 24 Bibliotheken Werkzeuge und 21 Bibliotheken Küchenutensilien an.
Kundenwünsche berücksichtigen
Auch wenn Anschaffungsvorschläge von Nutzerinnen und Nutzern vor allem für die fortlaufende Erweiterung der Sammlung sehr geschätzt werden, hat sich gezeigt, dass es für Bibliotheken durchaus interessant sein kann, bereits in der Planungsphase die Kundenwünsche zu berücksichtigen und diese beispielsweise konkret nach ihren Ideen und Wünschen für die Gestaltung der Bibliothek der Dinge zu fragen. Der Beschaffungsprozess der Gebrauchsgegenstände verläuft in den Bibliotheken unterschiedlich und ist maßgeblich davon abhängig, welcher Aufwand damit einhergeht. Dies beeinflusst unter anderem auch, bei welchem Lieferanten die Gegenstände gekauft werden und ob dies online oder in den Fachgeschäften vor Ort geschieht. In den Gesprächen mit den Bibliotheken wurde deutlich, dass diese Entscheidung oftmals auch mit dem persönlichen Nachhaltigkeitsbewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenhängt.
Neben der normalen Beschaffung der zu entleihenden Gegenstände kommt es aber durchaus vor, dass Geräte durch Nutzerinnen und Nutzer gespendet werden. Quantitativ hält sich das allerdings in Grenzen, kann aber zum Beispiel dafür dienen, Gegenstände zu erwerben, die möglicherweise nicht mehr einfach auf dem freien Markt erhältlich sind, wie zum Beispiel Retro-Konsolen und Dia-Projektoren. Bibliotheken fangen zudem bei der Einrichtung der Bibliothek der Dinge in den meisten Fällen nicht bei null an, da sie bereits seit Langem Gegenstände wie E-Book-Reader oder Energiemessgeräte verleihen. Die befragten Interviewpartner sehen daher die Möglichkeit, diese Gegenstände nun mit der Bibliothek der Dinge in einem Angebot zu bündeln und weiter auszubauen.
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