Seit dem 1. September können Leserinnen und Leser in der Stadtbibliothek Hannover auch Kunst im Original ausleihen und in den eigenen vier Wänden genießen. Für vier Monate gastiert die artothek Hannover in der Zentralbibliothek – eine für Hannover einzigartige Kooperation, in der nicht nur Buch auf Kunst trifft. Entstanden ist ein lebendiger Ort der Begegnung, in dem die kulturelle Nähe von Bibliothek und Artothek erlebbar ist.
Kunst auszuleihen wie Bücher aus der Bibliothek, das ist die Mission der artothek Hannover. Sie ist wie die Bibliothek ein besonderer Ort, der den Menschen unabhängig von Einkommen und sozialer Schicht einen Zugang zu Bildung, insbesondere zu Bildender Kunst ermöglicht. Wer in der artothek Kunst ausleihen möchte, braucht eine Fördermitgliedschaft. Sie kostet regulär 60 Euro pro Jahr, für Auszubildende und Studierende 36 Euro.
Die artothek Hannover e. V. besteht seit zehn Jahren. Ihr Domizil befand sich bis vor Kurzem in einem Hinterhaus im hannoverschen Stadtteil List. Das Portfolio umfasst mehr als 300 Werke junger Künstler/-innen überwiegend aus der Region Hannover. Einen Schwerpunkt bildete anfangs die Outsider Art. Über 100 wechselnde Bilder befinden sich jetzt in den Räumlichkeiten der Zentralbibliothek.
Ästhetische Begegnungen ermöglichen
Dieser Plan wurde damals nicht verwirklicht. Doch mit der jetzigen Kooperation, über 50 Jahre später, erfüllen sich nun langgehegte Träume. Zwei Dinge kamen hierbei zusammen: Die artothek Hannover suchte übergangsweise ein neues Zuhause und die Stadtbibliothek hatte einen Raum – die ehemalige Garderobe – neu geschaffen, der temporär von unterschiedlichen Gruppen bespielt werden kann. Anke Pauli, Gründerin und Geschäftsführerin der artothek Hannover, möchte mit ihrem Kunstangebot möglichst viele Leute erreichen. Für Professor Tom Becker, Direktor der Stadtbibliothek, ist die Kooperation ein Schritt, die Stadtbibliothek noch stärker als kulturellen Ort der Begegnung in Hannover zu etablieren – eine Situation, von der beide gleichermaßen profitieren. »Stadtbibliothek und Artothek wollen Räume erlebbar machen und kulturelle Bildung zum Anfassen mitgeben. Ästhetische Begegnungen liefern, Irritationen ermöglichen, Wissen und Inspiration zum Ausleihen und Vor-Ort-erleben anbieten – das möchten wir in diesem Herbst gemeinsam realisieren«, beschreibt der Direktor die Intention der Kooperation. Anke Pauli, Gründerin und Geschäftsführerin der artothek Hannover freut sich über die Kooperation: »Es gibt viele gute Gründe für das Zusammenspiel von kommunalen Bibliotheken und Artotheken. Wie auch die Stadtbibliothek wollen wir unsere Rolle als teilhabeorientierter und kooperationsfreudiger Kulturort nach zehn Jahren in der List neu erfinden und etablieren. Es passt und wir freuen uns auf die gemeinsame Zeit unter einem Dach.«
Ein besonderes Highlight war die Eröffnung am ZINNOBER-Wochenende, einer jährlich stattfindenden Veranstaltung, bei der Künstlerateliers, Galerien und Kunstinstitutionen das Publikum zum Stöbern und zu besonderen Kunstaktionen einladen. Gut besucht öffnete die Artothek den mit wenig Mitteln umgestalteten Garderoberaum als pop-up-Atelier. Und das Konzept geht auf: artotheks-Mitglieder nutzen die Bibliothek mal wieder und Bibliotheksbesucher/-innen entdecken überrascht und irritiert ein ihnen oft unbekanntes Angebot.
Diese Begegnungen wurden in den Niedersächsischen Herbstferien mit Workshops zu verschiedenen künstlerischen Techniken in den Bibliotheksräumen durch das artotheks-Team aufgegriffen. Unter dem Motto »Blink, Blink« – »Zwinker, Zwinker« beschäftigte man sich mit Augen, die sehen, die Unterstützung brauchen, die Kontakt aufnehmen, die flirten, die Verbindungen schaffen und einladen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Mit der Unterstützung hannoverscher Künstlerinnen und Künstler wurde sich dem Thema malend, zeichnend, nähend und fotografierend angenähert. Für den Winter ist zudem eine Ausstellung in Kooperation mit akku e.V. – Autismus, Kunst und Kultur mit einem umfangreichen Rahmenprogramm geplant – es geht also spannend weiter.