Einen zeitgemäßen Namen für den »Bibliothekar«tag, das fordern Nik Baumann und 18 weitere Erstunterzeichnende einer Petition, die über das Portal www.openpetion.de an den Berufsverband Information Bibliothek (BIB), den Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) und den bibliothekarischen Dachverband Bibliothek und Information Deutschland (BID) gerichtet wurde. Gestartet wurde die Petition am 23. Juni 2021. Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe haben 1.656 Personen die Petition unterzeichnet. Die Petition läuft noch bis zum 22. September 2021.
Ein neuer zeitgemäßer Name für die größte bibliothekarische Fortbildungsveranstaltung im deutschsprachigen Raum, den Deutschen Bibliothekartag, soll her. Das fordern die Erstunterzeichnenden der Online-Petition. Das Bibliothekswesen ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer vielfältiger geworden. Der Austausch auf dieser Konferenz habe mittlerweile eine große fachliche und personelle Bandbreite erreicht, heißt es im Petitionstext. Seite an Seite mit Bibliothekarinnen und Bibliothekaren arbeiten mittlerweile bspw. Fachangestellte für Medien und Informationsdienste (FaMIs), Medienpädagoginnen und -pädagogen und IT-Fachkräfte. Diese Vielfalt solle sich auch im Namen des bibliothekarischen Kongresses widerspiegeln, fordern die Initiatorinnen und Initiatoren der Petition.
Zudem sollte Tradition im Jahr 2021 nicht mehr als ausreichender Grund gelten, das generische Maskulinum beizubehalten, heißt es in der Petition. »Während wir also auf der Konferenz gemeinsam fachliche Vorträge zu Diversität halten und hören, verweigern wir uns bisher einer inklusiveren Bezeichnung unserer größten Konferenz«, kritisieren die Erstunterzeichnenden.
In der Fachcommunity hat die Petition eine breite Diskussion ausgelöst. Sowohl über die E-Mail-Listen InetBib und Forumoeb als auch auf Twitter wurde kontrovers diskutiert. Vor allem der Genderaspekt war Gegenstand der Diskussion. Im Gespräch mit BuB zeigte sich Nik Baumann überrascht von der Richtung, die die Diskussion vor allem auf InetBib genommen hat und betonte, dass der Genderaspekt nur ein Teil der Petition sei, dass es in der Hauptsache aber um die Abbildung der unterschiedlichen Berufsgruppen gehe, die in der Bibliothek arbeiten.
»Unsere Hoffnung ist, dass die Verbände das Thema dieses Mal wirklich wahrnehmen.« (Nik Baumann)
Der VDB hat ebenfalls eine Kommentarseite eingerichtet. Und auch auf
openpetition.de gibt es die Möglichkeit, die Petition zu kommentieren.
Die Diskussion um eine Änderung des Namens »Bibliothekar« ist indes nicht neu. Bereits im Mai 2011 wurde ein ähnlich lautender Antrag an VDB und BIB, sowie an vier weitere bibliothekarische Berufsverbände, auch in Österreich, geschickt. VDB und BIB haben diesen Antrag damals auch in ihren Mitgliederversammlungen diskutiert und die Bereitschaft signalisiert, sich mit dem Thema zu befassen. Zu einer Änderung des Namens kam es letztlich jedoch nicht.
»VDB und BIB haben bereits auf die Petition reagiert.«
Wie der BIB mitteilte, wurde in einer gemeinsamen Sitzung von VDB- und BIB-Vorstand 2015 die Frage der Umbenennung des Bibliothekartages erneut angesprochen. Damals sei auch eine Befragung aller Teilnehmenden nach dem Bibliothekartag 2017 vereinbart gewesen. Der BIB habe in der Vereinsausschusssitzung im November 2016 über eine mögliche neue Tagungsstruktur in den kommenden Jahren nachgedacht, heißt es in einer Stellungnahme des BIB weiter. Hintergründe waren die Kündigung der Kooperationsvereinbarung zur Organisation der Bibliothekartage zwischen dem Deutschen Bibliotheksverband (dbv) und den Personalverbänden BIB und VDB, der 2019 auslaufende Vertrag von BID mit der Messe Leipzig um den alle drei Jahre stattfindenden Bibliothekskongress sowie auch damals bereits die Diskussion um die Bezeichnung »Bibliothekartag«. Im Rahmen dessen sei auch über einen neuen Namen, der alle Berufsfelder gleichermaßen abdecken solle, verbandsintern diskutiert worden. Der Vorschlag aus der Vereinsausschusssitzung sei anschließend in der Mitgliederversammlung des BIB 2017 bekräftigt worden.
Hinsichtlich der Chancen, dass der Name »Bibliothekartag« dieses Mal geändert werden könnte, zeigte sich Nik Baumann optimistisch. Durch die sozialen Medien und die E-Mail-Listen erlebe das Thema mehr mediale Aufmerksamkeit als bei vergangenen Diskussionen. »Unsere Hoffnung ist, dass die Verbände das Thema dieses Mal wirklich wahrnehmen«, sagt Baumann.
Gespräche zwischen VDB und BIB
VDB und BIB haben bereits auf die Petition reagiert. Ein erstes Gespräch zu dem Thema haben die beiden Personalverbände bereits vereinbart. »Im Rahmen der aktuellen Petition haben uns viele BIB-Mitglieder gespiegelt, dass sie die Umbenennung als sinnvoll und als schon längst überfällig sehen«, sagte die BIB-Bundesvorsitzende Ute Engelkenmeier. Die Vorstände der beiden Verbände wollen nun den weiteren Weg diskutieren und auch die Mitglieder in den Prozess mit einbinden. Auf der kommenden Mitgliederversammlung des BIB am 1. Oktober 2021 soll das Thema auf der Tagesordnung stehen. Auf Anfrage teilte der BIB mit, dass man die Petition begrüße. Die Mitglieder des BIB-Bundesvorstandes haben bereits fast vollständig öffentlich einsehbar unterschrieben.
Die Petition läuft drei Monate bis zum 22. September 2021. Für die bundesweite Petition hat Open Petition das Sammlungsziel von 5.000 Unterschriften ausgegeben. »Uns ist klar, dass wir das wahrscheinlich nicht erreichen«, sagt Baumann. Intern habe man sich 2.000 Unterschriften als Ziel gesetzt. Die Unterschriftenliste soll nach Petitionsende den beiden veranstaltenden Verbänden VDB und BIB übergeben werden. Eigene Vorschläge, wie der Bibliothekartag künftig heißen könnte, wollen die Erstunterzeichnenden den Verbänden nicht unterbreiten, aber sie legen eine Sammlung der Begriffe an, die bereits in die Diskussion eingebracht wurden: Genannt wurden unter anderem Namen wie Bibliothekstag, Bibtag oder die namentliche Zusammenführung mit dem Bibliothekskongress. Die Petition ist auch an den Dachverband BID gerichtet. Bibliothek und Information Deutschland veranstaltet den alle drei Jahre stattfindenden Bibliothekskongress, ist aber nicht an der Organisation der Bibliothekartage beteiligt.
BuB wird das Thema weiter begleiten. In der November-Ausgabe 2021 ist ein Heft-Schwerpunkt hierzu geplant.