Münster. Bereits Mitte August ist dem nordrhein-westfälischen Minister der Justiz, Peter Biesenbach, die aktuelle UNESCO-Publikation zur Arbeit von Gefängnisbibliotheken in der Justizvollzugsanstalt Münster überreicht worden. Mit der Publikation »Bücher hinter Gittern – Was Gefängnisbibliotheken bewirken können« würdigt die UNESCO das Bibliothekswesen im Justizvollzug und untersucht, inwieweit Strafvollzugsbehörden weltweit Gefangenen die Möglichkeit geben, ihr Recht auf Bildung auszuüben, und sie mithilfe von Gefängnisbibliotheken auf Bücher und Informationen zugreifen können.
Die Publikation des UNESCO-Instituts für Lebenslanges Lernen wurde im Jahr 2019 erstmals in englischer Originalfassung veröffentlicht und nun im Namen der UNESCO in deutscher Übersetzung offiziell dem Justizminister Biesenbach übergeben. Stellvertretend für die Vertreterinnen der UNESCO, die aufgrund der andauernden Pandemie-Lage nicht persönlich teilnehmen konnten, überreichte Gerhard Peschers das Werk. Als Leiter der Fachstelle Bibliotheksarbeit im Justizvollzug Westfalen-Lippe und Vorsitzender des Fördervereins Gefangenenbüchereien hat er die Entstehung der UNESCO-Publikation von Anfang an begleitet.
Die Publikation des UNESCO-Instituts verdeutlicht den Stellenwert des lebenslangen Lernens für Gefangene im Justizvollzug und schildert Erfahrungen von Gefängnisbibliotheken aus aller Welt, darunter auch aus der Justizvollzugsanstalt Münster, die im Jahr 2007 als »Deutsche Bibliothek des Jahres« ausgezeichnet wurde.
Aufholbedarf an Bildung
Aus Anlass der Übergabe des Werks hob der Minister der Justiz Peter Biesenbach in der Gefängnisbibliothek der Justizvollzugsanstalt Münster die Bedeutung von Gefangenenbüchereien im Alltag des Justizvollzugs hervor: »Bücher verbinden, sind ein Schlüssel zu anderen Gedanken und führen an jeden Ort der Welt. Das spüren auch Gefangene, die hinter Gittern ihre Freude am Lesen neu oder erstmals entdecken. Lesen und Leseverständnis sind gerade im digitalen Zeitalter wichtige Voraussetzungen für Medienkompetenz, umso mehr für Menschen, die einen großen Aufholbedarf an Bildung haben.«
In den Justizvollzugseinrichtungen in NRW gibt es 49 Büchereien und zwei Fachstellen für Bibliotheksarbeit, in denen zwei hauptamtliche Diplom-Bibliothekare gemeinsam mit den Bibliotheksbediensteten vor Ort in den Anstalten das Bildungs- und Unterhaltungsangebot für Gefangene fortentwickeln.
Zum Bestand der Gefängnisbibliotheken in Nordrhein-Westfalen zählen ungefähr 240.000 Medieneinheiten aus Belletristik und Sachliteratur. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Nationalitäten von Gefangenen sind auch größere Bestände an fremdsprachiger Literatur ausleihbar. In den letzten Jahren rücken außerdem stärker leicht lesbare Bücher und audiovisuelle Medien in den Blick. Der Bestand der Gefängnisbibliotheken vor Ort reicht von 1.000 bis 15.000 Exemplaren.
Im April 2019 hat Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland Richtlinien für die Bibliotheksarbeit in den Justizvollzugs- und Jugendarrestanstalten in Kraft gesetzt, die das Bibliothekswesen verbindlich im Justizvollzug verankern und seinen Stellenwert im Justizvollzug hervorheben.
red. / 1.9.20