Münchner Institutionen vereint gegen Antisemitismus

Sieben renommierte Kultur- und Bildungseinrichtungen laden zur ersten Literarischen Woche gegen Judenhass: Ein Zeichen der Solidarität mitten in der Gesellschaft.
Symbole jüdischen Lebens: beleuchtete Menora und offener Siddur mit Kippa auf einem Holztisch, zur Feier des jüdischen Feiertags Chanukka. Foto: neoartworker - stock.adobe.com (Foto mit KI erstellt).
Symbole jüdischen Lebens: beleuchtete Menora und offener Siddur mit Kippa auf einem Holztisch, zur Feier des jüdischen Feiertags Chanukka. Foto: neoartworker - stock.adobe.com (Foto mit KI erstellt).

 

In einer Zeit wachsender Spannungen und zunehmender antisemitischer Vorfälle setzen Münchner Kulturinstitutionen ein klares Zeichen der Solidarität. Vom 20. bis 27. Januar 2025 laden renommierte Bildungs- und Literatureinrichtungen zur ersten »Literarischen Woche gegen Antisemitismus« ein. Nach der dramatischen Zunahme antisemitischer Gewalttaten im Jahr 2023 haben sich sieben bedeutende Münchner Institutionen zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen Ausgrenzung und Hass vorzugehen. Die Initiative, getragen von der Internationalen Jugendbibliothek und unterstützt vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München, will mehr sein als eine Veranstaltungsreihe: Sie versteht sich als gesellschaftlicher Appell, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen und zu würdigen. Mit Lesungen, Diskussionen und Begegnungen wollen die Organisatoren ein Bewusstsein für die aktuelle Bedrohungslage schaffen und gleichzeitig die Vielfalt jüdischer Kultur sichtbar machen.

»Es braucht hohe Zäune für ein Judentum in Deutschland.« Der lakonische Befund von Ronen Steinke von der Süddeutschen Zeitung blickt auf eine Vielzahl bedrohlicher antisemitischer Entwicklungen; bedrohlich nicht nur für Jüdinnen und Juden, sondern für die deutsche Gegenwartsgesellschaft als Ganze. Die Polizei verzeichnete im Jahr 2023 mit über 5.000 antisemitischen Gewalttaten eine Verdoppelung der Zahlen aus dem Vorjahr. Jüdische Schulen und Synagogen müssen von der Polizei beschützt werden. Zu den alltäglichen antisemitischen Beleidigungen und Belästigungen tritt eine wachsende Gewaltbereitschaft.



Angst ist für viele jüdische Bürgerinnen und Bürger dieses Landes wieder ein konkretes Lebensgefühl geworden. Der Pogrom vom 7. Oktober 2023 durch die Hamas in Israel ist für viele von ihnen eine (re)traumatisierende Erfahrung, mangelnde Solidarität ein schwerer Vorwurf. Seither hat sich mit der Entwicklung des Krieges und den hohen Opferzahlen unter palästinensischen Zivilistinnen und Zivilisten die Lage weiter verschärft. Legitime Kritik an der Politik der aktuellen israelischen Regierung und antisemitische Einstellungen lassen sich dabei nicht immer scharf trennen.

In der »Literarischen Woche gegen Antisemitismus« soll der Fokus jedoch nicht auf dem Nahostkonflikt liegen – sondern auf dem jüdischen Leben in dieser Stadt und dem Antisemitismus in Deutschland, der sich von rechts und links Bahn bricht in die Mitte der Gesellschaft.

Auf Initiative der Internationalen Jugendbibliothek haben sich Münchner Literatur- und Bildungsinstitutionen und literarische Orte zusammengeschlossen, um vom 20. bis 27. Januar mit der „Literarischen Woche gegen Antisemitismus“ ein Zeichen der Solidarität mit den Jüdinnen und Juden der Stadt und gegen Antisemitismus in ganz Deutschland zu setzen. Sie nehmen historische Ereignisse und aktuelle Entwicklungen in den Blick, um ein Bewusstsein für den Antisemitismus und dessen Bedeutung in Deutschland zu schärfen.



»Solidarität mit Jüdinnen und Juden ist derzeit sehr, sehr wichtig. Der Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober 2023 und die darauffolgenden Vorgänge haben auch in Deutschland und in Bayern zu einem dramatischen Anstieg von antisemitischen Vorfällen geführt«, sagt Ludwig Spaenle, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus. »Viele Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens erleben seitdem eine fundamental negative Änderung der eigenen Lebenssituation. Gerade in dieser Situation verdient die von den Literatur- und Bildungseinrichtungen ausgestreckte Hand der Solidarität eine besondere Wertschätzung.“

Und Anton Biebl, Kulturreferent der Landeshauptstadt München, ergänzt: »Antisemitismus in unserer Stadt die Stirn zu bieten, ist ein Gebot der Verantwortung für unsere Demokratie. Daher begrüße ich die Initiative der ›Literarischen Woche gegen Antisemitismus‹ außerordentlich.«

Die »Literarische Woche gegen Antisemitismus« wird gefördert von der Landeshauptstadt München (Kulturreferat) und dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Sie ist eine Kooperation des Kulturzentrums der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, der Monacensia im Hildebrandhaus, der Münchner Volkshochschule, des NS-Dokumentationszentrums, der Stiftung Internationale Jugendbibliothek, der Stiftung Literaturhaus München und der Stiftung Lyrik Kabinett.

Die Abschlussveranstaltung "Brief in der Nacht" mit Chaja Polak und Iris Berben findet am Freitag, 24. Januar um 19 Uhr im Literaturhaus statt. Die Veranstaltung wurde vorverlegt, nachdem Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, die ursprüngliche Terminsetzung kritisiert hatte. Der Abend bietet einen persönlichen, literarischen Blick einer Holocaust-Überlebenden auf den durch die Hamas-Terrorattacke neu entflammten Nahost-Konflikt und dessen Folgen. Ursprünglich war die Veranstaltung für den 27. Januar geplant, dem Holocaust Gedenktag. In einer Pressemitteilung betonte die Internationale Jugendbibliothek, dass der Autorin und den Veranstaltenden nichts ferner liege, als die Singularität der Shoa in Frage zu stellen oder oder die Opfer der Shoa und des Nahost-Konflikts »gegeneinander aufzurechnen«.

Das aktuelle Programm ist unter folgendem Link zu finden: www.ijb.de/fileadmin/Daten/Pressemateial/Literarische_Woche_gegen_Antisemitismus_Programm.pdf

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