Junge Menschen für die Arbeit in Bibliotheken begeistern

So präsentieren Sie Ihre Bibliothek als attraktive Arbeitgeberin: Impulse, Ratschläge und Best-Practice-Beispiele.
Damit Bibliotheken auch in Zukunft ihrem Auftrag gerecht werden können, brauchen sie qualifiziertes Personal. Foto: peampath - stock.adobe.com

 

Die Ausbildung zum/zur Fachangestellten für Medien und Informationsdienste (FaMI) ist der zentrale Ausbildungsberuf für Bibliotheken in Deutschland. In diesem Beitrag bekommen Sie Impulse und Best-Practice-Beispiele, wie Sie Ihre Bibliothek als attraktive Arbeitgeberin präsentieren und junge Menschen für eine Ausbildung in Ihrer Bibliothek begeistern können.

Der Fachkräftemangel macht auch vor Bibliotheken nicht halt. Viele Stellen bleiben unbesetzt, werden mehrfach ausgeschrieben oder die Anforderungen an Bewerbende müssen gesenkt werden. Diese Entwicklungen sind auch im Bereich der Nachwuchskräfte zu beobachten, sowohl bei Ausbildungsberufen als auch in Studiengängen.

Damit Bibliotheken auch in Zukunft ihrem Auftrag gerecht werden können, brauchen sie qualifiziertes Personal. Hier setzt die Kommission Personalgewinnung an, die sich aus Mitgliedern des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv), des Vereins Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) sowie des Berufsverbands Information Bibliothek (BIB) zusammensetzt. Zum ersten Mal arbeiten alle Bibliotheksverbände gemeinsam an der Personalgewinnung. Die Kommission setzt sich mit Fragen der Personalgewinnung und der Wahrnehmung des Berufsfeldes Bibliothek in der Öffentlichkeit auseinander und vertritt die Thematik »Personalgewinnung« in der Öffentlichkeit. Zudem wurde eine Stabsstelle Personalmarketing geschaffen, die die Kommission bei der konkreten Maßnahmenplanung und -umsetzung unterstützt.

Die Bedeutung der Personalgewinnung in Bibliotheken

Es gibt mehrere Gründe, warum Bibliotheken in den vergangenen Jahren zunehmend mit Herausforderungen bei der Personalgewinnung konfrontiert wurden. Dazu zählen unter anderem die geringe Bekanntheit des Berufsfeldes, der demografische Wandel und ein allgemeines Imageproblem des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung.



Laut einer Studie von PwC ist bis 2030 im öffentlichen Sektor eine Fachkräftelücke von 1 bis zu 1,6 Millionen Menschen zu erwarten. Dabei haben Bibliotheken innerhalb der öffentlichen Einrichtungen noch den Vorteil, dass sie im Vergleich zu anderen Bereichen gut bewertet werden. Eine Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbunds und Forsa aus dem Jahr 2023 zeigt, dass Bibliotheken immerhin zu den am besten bewerteten Einrichtungen zählen. 

Was Bibliotheken tun können: Ihre Arbeitgebermarke stärken

Der erste Schritt in Richtung erfolgreicher Personalgewinnung ist die Entwicklung einer starken Arbeitgebermarke. Diese Strategie hat die Kommission Personalgewinnung unter dem Namen »MEIN JOB BIBLIOTHEK« entwickelt, deren Herzstück das neue Webportal meinjob-bibliothek.de ist – eine zentrale Anlaufstelle für alle, die sich für eine Karriere in Bibliotheken interessieren. Das Portal richtet sich sowohl an potenzielle Auszubildende, Studierende und Arbeitnehmer/-innen als auch an bereits in Bibliotheken tätige Fachkräfte.

Das Hauptziel des Portals besteht darin, die Vielfalt und Attraktivität der Arbeit in Bibliotheken aufzuzeigen. Gleichzeitig soll es Bibliotheken bei der erfolgreichen Personalsuche unterstützen, indem geeignete Materialien und Informationen, wie beispielsweise ein Faltblatt zur FaMI-Ausbildung, Vorlagen für ein Roll-Up oder Sticker, bereitgestellt werden.



Seit dem Start des Portals im Dezember 2023 wurde die Website bereits 70.000 Mal besucht. Sie bildet einen wichtigen Baustein der langfristigen Personalgewinnungsstrategie für das Berufsfeld Bibliothek und zeigt die Vielfalt der Tätigkeiten in Bibliotheken auf – vom direkten Kundenkontakt bis zur Arbeit mit digitalen Medien.

Chancen und Herausforderungen

Eine zentrale Herausforderung in der Nachwuchsgewinnung ist die Orientierungslosigkeit vieler junger Menschen. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2022 finden sich 53 Prozent der Jugendlichen in den Informationen zur Berufswahl nur schwer zurecht. Gerade hier kann das Webportal eine wertvolle Unterstützung bieten, da es einen gut strukturierten Überblick über die vielfältigen Karrieremöglichkeiten in Bibliotheken verschafft.

Zudem zeigt die Studie, dass Eltern und Lehrkräfte eine entscheidende Rolle bei der Berufsorientierung spielen. Bibliotheken sollten deshalb vermehrt auf Schulen zugehen, um auf die Ausbildungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Mehr Sichtbarkeit für das Berufsfeld Bibliothek kann auch durch Präsenz auf Ausbildungsmessen, Festivals oder sogar in Parks erreicht werden. Solche Events bieten die Möglichkeit, in direkten Kontakt mit potenziellen Bewerbenden zu treten, die Sichtbarkeit der Bibliothek zu erhöhen und die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten aufzuzeigen.

Best Practices: Wie Bibliotheken den Wandel schaffen können

Eine Studie zu den Ausbildungsperspektiven 2024, herausgegeben von der Bertelsmann Stiftung, zeigt die Wichtigkeit verschiedener Informationsquellen für die berufliche Orientierung auf. Hier stehen Praktika an erster Stelle. Dies zeigt die Bedeutung von Praktika oder die Teilnahme beim Zukunftstag für Schüler/-innen auf, um einen ersten direkten Einblick in das Berufsfeld Bibliothek zu ermöglichen. Wichtig ist, diese Einblicke zielgruppengerecht, am besten gemeinsam mit Auszubildenden, zu gestalten. Weitere Möglichkeiten sind das Angebot von Freiwilligendiensten in der Bibliothek.



Es sollte nicht versäumt werden, bei jeder Klassenführung auf die Möglichkeiten hinzuweisen, das Berufsfeld kennenzulernen (Zukunftstag, Praktikum, Freiwilligendienst) und das Berufsfeld alters- und zielgruppengerecht zu bewerben.

Projekte wie das Azubi-Projekt der Stadtbibliothek Bremen im Jahr 2023, bei dem Auszubildende in Schulen über die Ausbildungsmöglichkeiten informieren, bieten zudem eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Sichtbarkeit des Berufsfeldes zu erhöhen und die Eigenverantwortung der Auszubildenden zu stärken.

Bei einer speziellen Ausbildungsführung in der Stadtbibliothek Bremen von Auszubildenden und der Ausbildungsleitung konnten Interessierte über das Berufsbild informiert werden, Fragen stellen und direkt den Beruf live erleben. Diese Führung zeigte einen sehr großen Rücklauf: Alle Teilnehmenden haben sich für einen Ausbildungsplatz beworben.

In den Einrichtungen selbst können Poster, Sticker oder vorhandene Technologien wie Großdisplays gezielt zur Personalgewinnung genutzt werden. Informationen zur FaMI-Ausbildung oder anderen Karrieremöglichkeiten können hier prominent platziert und sichtbar gemacht werden. So können Besuchende der Bibliothek im Vorbeigehen auf die attraktiven Arbeitsmöglichkeiten aufmerksam werden.

Aktuell wird in der Stadtbibliothek Bremen an der Ausgestaltung des neuen Formats »Rent an Azubi« gearbeitet. In den Schulferien können sich interessierte Schüler»-innen einen circa 3-Stunden-Slot mit einem FaMI-Azubi oder mit der Ausbildungsleitung buchen (wahlweise in der Zentralbibliothek oder in einer Stadtteilbibliothek) und bekommen so einen exklusiven Blick in das Berufsfeld aber auch praktische Hinweise zum Bewerbungsverfahren et cetera.



Eine besonders effektive Methode der Personalgewinnung ist zudem der Einsatz von Mitarbeitenden als Markenbotschafter/-innen. Sie können durch ihre authentischen Erfahrungen das Berufsfeld glaubwürdig vermitteln und mögliche Bewerbende auf das Berufsfeld aufmerksam machen. Hier kommt es darauf an, das eigene Personal zu stärken und es aktiv in die Personalgewinnung einzubinden.

Diese internen Markenbotschafter/-innen begleiten die Stadtbibliothek Bremen auch immer auf die regionalen Ausbildungs- und Berufsmessen. Seit vielen Jahren wird die Stadtbibliothek und das Berufsfeld mindestens ein Mal im Jahr auf einer Messe vorgestellt. Seit zwei Jahren teilt sich die Stadtbibliothek Bremen den professionellen Messestand mit der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen. Neben der geringeren Gebühr für jede Einrichtung profitieren beide Bibliotheken vom Expertenwissen der anderen Einrichtung, eine tolle Vernetzung wird ermöglicht und das vielfältige Berufsfeld kann optimal präsentiert werden. Immer dabei sind auch die Werbematerialien und das Roll-Up der gemeinsamen Arbeitgebermarke »MEIN JOB BIBLIOTHEK«. 

Darüber hinaus sollten Bibliotheken ihre Netzwerke, zum Beispiel zu Communities oder Jugendfreizeiteinrichtungen, gezielt für die Personalgewinnung nutzen.

Eine erfolgreiche Personalgewinnung erfordert jedoch mehr als eine attraktive Außendarstellung. Auch die interne Organisationskultur muss den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt entsprechen. Flexible Arbeitsumgebungen, eine offene Kommunikation und die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, sind nur einige der Aspekte, die für junge Fachkräfte von großer Bedeutung sind. Dies waren auch einige der Wünsche des 10-Punkte-Plans für Arbeitgeber, die von Nachwuchskräften beim Nachwuchsforum zur D-A-CH-S-Tagung »Bibliothek – Qualifikation – 2019« formuliert wurden.

Die Kommission Personalgewinnung stellt, wie bereits erwähnt, Materialien zur (Nach-) Nutzung für alle Bibliotheken über ihre Webseite bereit. Dort stehen eine Vielzahl von Materialien und Informationen zur Verfügung, mit dem Ziel, Bibliotheken bei der qualifizierten und zielgenauen Personalgewinnung zu unterstützen. Wir laden alle Kolleginnen und Kollegen ein, diese Ressourcen zu nutzen. Gemeinsam können wir die Bibliothekslandschaft weiter stärken und das Bewusstsein für die Bedeutung unseres Berufsfeldes fördern. Lasst uns gemeinsam die Zukunft der Bibliotheken positiv gestalten! (Kontakt: kontakt@meinjob-bibliothek.de)

Lucia Werder (Foto: MVB/C. Ivanda) hat Bibliothekswissenschaft an der FH Köln studiert. Sie leitete unter anderem die Stadtbücherei Eislingen und die Stadtbibliothek Leverkusen. Von 2016 bis September 2023 war sie stellvertretende Direktorin der Stadtbibliothek Bremen und ist seit 1. Oktober 2023 Direktorin der Stadtbibliothek Bremen. Sie engagiert sich vielfältig für die Zukunft von Bibliotheken und ist Vorstandsmitglied des Landesverbandes Bremen im Deutschen Bibliotheksverband (dbv), Secretary des IFLA Standing Committees der Metropolitan Libraries, Mitglied in der gemeinsamen Management-Kommission von dbv/VDB. Bis Juni 2024 war sie stellvertretende Vorsitzende der gemeinsamen Kommission Personalgewinnung von dbv/VDB/BIB.

Die vielfältigen Aspekte des Themas »Ausbildung« sind Schwerpunkt in der BuB-Novemberausgabe. Dort gibt es zahlreiche weitere Beiträge und Informationen. Das Heft erscheint am 8. November.

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