Alles begann mit einer Idee: Ein weiterer Makerspace für die Stadtbibliothek Berlin-Mitte sollte entstehen. Mitmachen, tätig werden, etwas Eigenes erschaffen und spielerisch neue Fähigkeiten erlernen – dies macht ein solches Schaffenslabor aus. Gemeinsam tüfteln, basteln, programmieren, bauen und löten, die Liste an Making-Aktivitäten lässt sich ewig fortführen. Doch das Ganze sollte nicht etwa ortsgebunden, sondern mobil umgesetzt werden.
Ein ausgeklügelter Antrag im Projekt »Bibliotheken im Stadtteil II (BIST II)« an den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) später und die Finanzierung zur Idee stand. Eine Spezialfirma baute das als Makerspace auf Rädern konzipierte Fahrzeug inklusive Bibliotheksarbeitsplatz, Toilette mit Waschbecken, Personen- und Materiallift, W-LAN, eigener Stromversorgung durch leistungsstarke Batterien, Beamer mit Leinwand und Außenbeleuchtung.
Zur Ausstattung des MakerMobils gehören 3D-Drucker, Nähmaschinen, Schneideplotter, Transferpresse für Textilien und Caps, Kameras, Werkzeuge, Drucker, Beamer, Tablets, Lernroboter und zahlreiche weitere Geräte. Auch thematisch passende Medien zur Ausleihe im Bus sind mit an Bord. Die Making-Technik und das für die Projekte benötigte Material sind dabei in Module gegliedert, die je nach Bedarf ein- und ausgeladen werden können.
Unter dem Leitspruch »Deine Idee. Dein Ding. Dein Ort« ging das MakerMobil mit einer leichten pandemiebedingten Verzögerung im Juni 2020 auf Workshop-Jungfernfahrt. Einige bereits geplante Aktionen konnten aufgrund von Kontaktbeschränkungen und Schließung von Institutionen und Schulen zunächst nicht umgesetzt werden. Mit Lockerungen der Einschränkungen jedoch startete das MakerMobil durch: Bis Mai 2022 nahmen über 1 100 Menschen an den Angeboten des Making-Busses teil. Das Netzwerk an Partnerinnen und Partnern umfasst mittlerweile knapp 20 externe Institutionen.
Dabei könnten die Sozialräume, zwischen denen sich das MakerMobil bewegt, unterschiedlicher kaum sein. Im Stadtbezirk Berlin-Mitte leben Menschen aller sozialer Schichten, der Anteil an Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund ist hoch und das Durchschnittsalter der Bevölkerung ist im städtischen Vergleich niedrig. Zum MakerMobil und den angebotenen Aktionen kommen Menschen jeglicher Couleur. Das MakerMobil bringt als rollende Lernwerkstatt, als mobiler Kreativraum und als standortunabhängige Veranstaltungsplattform das Equipment für unterschiedlichste Mitmach-Formate und für experimentelles und partizipatives Lernen dorthin, wo es gebraucht wird.
Im Besonderen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ist die Flexibilität des rollenden Tüftellabors ein großer Vorteil. Viele Seniorinnen und Senioren sowie Kinder profitieren davon, dass der Bus sie genau dort erreicht, wo sie sich ohnehin täglich bewegen – direkt in den Berliner Kiezen, Nachbarschaften und in unmittelbarer Nähe ihrer üblichen Lern-, Wohn- und Freizeitorte. Im öffentlichen Raum ermöglicht der umgebaute Bus Zugang nicht nur zu digitalen, sondern auch zu naturwissenschaftlichen, technischen, musischen, künstlerischen, aber auch literarischen Welten. Die Outreach-Arbeit des MakerMobils weckt wiederrum das Interesse für die klassischen Bibliotheksangebote wie die Medienausleihe.
Was ist ein Gefährt schon ohne seine Fahrerin bzw. seinen Fahrer? Und der Fahrer des MakerMobils macht weit mehr als das. Günter Baumgarn, Medienpädagoge, lenkt die Geschicke und das Veranstaltungsportfolio des Busses von Anfang an. Er konzipiert und leitet eine Vielzahl an Making-Aktionen mit großem technischem wie pädagogischem Know-how. Seine Arbeit im MakerMobil hat für ihn einen ganz besonderen Charme: »Es ist wie ein kleiner Zirkus, der durch die Stadt zieht. Manchmal gucken die Kinder wie vor 100 Jahren staunend in den Bus und fragen: Was geht denn hier ab? Wie beim Campen muss man auf Regen, Hitze, Schnee, Eis, Kälte vorbereitet sein, weil das Gelingen einer Aktion auch hiervon bei einem mobilen Angebot abhängt.«
Darüber hinaus ist die Auswahl des optimalen Angebots, des richtigen Zeitrahmens und der passenden Technik für bestimmte Zielgruppen bei einer Vielzahl an Möglichkeiten nicht immer leicht. Vor allem die Ansprache sozial benachteiligter Jugendlicher ist eine Herausforderung.
Das MakerMobil auf der großen Bühne
Im Rahmen des Bibliothekartages 2022 in Leipzig konnte das MakerMobil auch der Fachöffentlichkeit präsentiert werden. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus dem DACH-Raum bestaunten das in der Berliner Bibliothekslandschaft einzigartige Gefährt und konnten sich Anregungen für ihre eigene Arbeit holen. Auch international findet das MakerMobil Anerkennung. Im Rahmen der Hospitation einer finnischen Kollegin im Frühling 2022 lobte die Mitarbeiterin aus Helsinkis Vorzeigebibliothek Oodi das Konzept des mobilen Makerspaces und nahm die Idee freudig mit in ihre nordische Heimat. Wer weiß, vielleicht fährt auch bald ein Makerbus nach Berliner Vorbild durch die Straßen Helsinkis.
Der (Fahrt-) Weg in die Zukunft?
Klimawandel und steigende Treibstoffpreise machen es für die Zukunft nötig, den Antrieb von Fahrzeugen im öffentlichen Raum neu zu denken. Würde das MakerMobil heute, vor dem Hintergrund der Aufrufe an die Gesellschaft zum Energiesparen, geplant, so würden wir wohl auf einen nachhaltigeren Antrieb setzen. So bleibt nur die Umrüstung auf einen Elektro-Antrieb bis spätestens 2030, die Im Rahmen der Nachhaltigkeitspolitik der Berliner Landesregierung bereits beschlossenen Sache ist. Und das für die gesamte Fahrzeugflotte der Stadtbibliothek Berlin-Mitte, die derzeit aus drei Fahrbibliotheken, einem mobilen Veranstaltungsfahrzeug und dem MakerMobil besteht.
Und was wünscht sich Medienpädagoge Günter Baumgarn für sein MakerMobil? »Die Vorstellung, vielleicht auch mal in eine ganz andere Stadt Europas mit dem Mobil zu fahren und da die Aktionen und Reaktionen zu testen. Das wäre toll.«