Entschädigungsakten zu NS-Verbrechen und weitere Quellen gesichert

106 Projekte zum Originalerhalt fördert die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) in diesem Jahr.
Personenakten aus dem behandelten Bestand. Foto: HHStAW, Edna Wittlich

Mit rund 2,5 Millionen Euro unterstützt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) bundesweit 84 Vorhaben im BKM-Sonderprogramm. Gemeinsam mit der Kulturstiftung der Länder (KSL) werden außerdem 22 KEK-Modellprojekte gefördert. Hierfür stellen BKM und KSL rund 280 000 Euro bereit.

»Wer historische Quellen für die Forschung digitalisieren will, muss erst die Originale retten. Nur wenn Schriftgut in gutem Zustand, also das Papier nicht von Säure zerfressen, die Seiten geknickt oder die Heftung beschädigt ist, kann es auf den Scanner gelegt werden. Originalerhalt und Digitalisierung gehen deshalb Hand in Hand«, sagt Ursula Hartwieg, Leiterin der KEK.

Ein Förderprojekt, an dem dies besonders deutlich wird, ist die Sicherung der Akten der »Entschädigungsbehörde« im Hessischen Landesarchiv. Am 10. Juli 1946 erließ Hessen ein Gesetz zur »Bildung eines Sonderfonds zum Zwecke der Wiedergutmachung«, aus dessen Mitteln Personen entschädigt werden konnten, die während des Nationalsozialismus politisch, »rassisch« und religiös verfolgt worden waren. Betroffene konnten unter anderem Schäden an Leben, Freiheit, Körper und Gesundheit, aber auch an Eigentum und Vermögen geltend machen. Zuständig waren drei bei den Regierungspräsidien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden eingerichtete Betreuungsstellen, in denen die Anmeldung von Ansprüchen geprüft und über sie entschieden wurde. Insgesamt wurden von 1946 bis 1970 knapp zwei laufende Kilometer unikaler Akten angehäuft.

Schlechte Papierqualität in der Nachkriegszeit

Die Papierqualität in der Nachkriegszeit war meist schlecht, zudem werden die Dokumente intensiv genutzt: Besonders die im Papier enthaltene Säure beeinträchtigte ihren Erhaltungszustand so sehr, dass eine Konservierung dringend geboten war. In einem zweijährigen Projekt im BKM-Sonderprogramm wird die Entsäuerung der Entschädigungsakten nun abgeschlossen. Das Schriftgut ist Teil eines Gesamtvorhabens zur »Sicherung der Überlieferung zur NS-Zeit im Hessischen Landesarchiv«, in dessen Zusammenhang die KEK seit 2020 bereits mehrere Teilprojekte gefördert hat.

Die stark nachgefragten Akten der Entschädigungsbehörde sollen in den kommenden Jahren im Rahmen des vom Bundesministerium der Finanzen initiierten Projekts Themenportal Wiedergutmachung digitalisiert und zusammen mit Beständen weiterer Archive online verfügbar gemacht werden. Die aktuell durchgeführten Bestandserhaltungsmaßnahmen an den Originalen machen es möglich.

 Die Wiedergutmachungsakten sind nur ein Beispiel für historisch wertvolle Quellen, die in den diesjährigen Förderprojekten der KEK gesichert werden. Die 106 Vorhaben verteilen sich auf zwei Förderlinien: Während das BKM-Sonderprogramm Mengenverfahren wie Entsäuerung, Reinigung und Verpackung unterstützt, nimmt die KEK-Modellprojektförderung exemplarische Verfahren und best practices in den Blick.

Bereits 950 Projekte gefördert

Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) wurde 2011 gegründet und wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Länderge- meinschaft über die Kulturstiftung der Länder (KSL) gefördert. Die KEK unterstützt bundesweit Projekte im Bereich Originalerhalt und fördert die spartenübergreifende Zusammenarbeit von Archiven und Bibliotheken sowie den Aufbau von Infrastrukturen im Bereich Überlieferungssicherung. Insgesamt wurden bisher 950 Projekte in den beiden Förderlinien KEK-Modellprojektförderung und BKM-Sonderprogramm bewilligt und hierfür von BKM und KSL mehr als 21 Millionen Euro bereitgestellt.

Projektliste BKM-Sonderprogramm 2022: Die 84 Projekte im Überblick

Projektliste KEK-Modellprojektförderung 2022: Die 22 Projekte im Überblick

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