Serie »Das kleine Bauprojekt« – Teil 2: In der Stadtbücherei Hameln ist ein besonderer Ort zum Treffen, Wohlfühlen und für den gegenseitigen Austausch entstanden.
Auch mit einer Raum-in-Raum-Lösung und kleineren baulichen Änderungen können Bibliotheken große Wirkung erzielen, das zeigt das erfolgreiche Beispiel des Grünen Labors Weserbergland in Hameln.
»Ahhh«, »Ohhh« und »Wie schön« sind häufig Kommentare, wenn Besucher das erste Mal ins Grüne Labor der Stadtbücherei Hameln kommen. Das Farbkonzept des Raumes überzeugt und heißt die Besucher gleich in einer unnachahmlichen Art willkommen.
Blau steht für die Weser und das Wasser – denn die historische Pfortmühle, in der sich die Stadtbücherei und damit auch das Grüne Labor befinden, liegt direkt an der Weser und bietet mit einem vorgelagerten Stauwehr auch eine entsprechende Geräuschkulisse.
Grün symbolisiert die Natur und den in Sichtweite befindlichen Stadtwald, der in Form von sieben Baumstämmen auch haptisch im Grünen Labor verankert ist.
Orange steht für den regionalen Sandstein, aus dem die Pfortmühle gebaut wurde sowie für die Stadtgesellschaft, für die wir eine aktive Verbindung zwischen Stadt, Weser und Natur schaffen wollen.
Natürlich gab es gewisse Vorbehalte und Bedenken, wie so viel Farbe wohl wirkt, ob der Raum nicht zu gedrungen erscheint, wenn auch die Decke grün angestrichen wird. Aber wenn man ein durchdachtes Farbkonzept hat, bei dem dann auch noch die Heizkörper mit einbezogen werden, entfaltet sich die Wirkung am Ende doch und alle sind überzeugt, die richtige Wahl getroffen zu haben.
Farbkonzept und Mobiliar
Das Farbkonzept war das eine, die Raumgestaltung beziehungsweise das Mobiliar das andere wichtige Element bei der Planung des Grünen Labors. Auch hier flossen die Ideen aus dem Beteiligungsworkshop mit den Partnern ein und finden sich nun in verschiedenen Elementen wieder.
So war es schon aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung des Grünen Labors mit Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Upcycling und Natur wichtig, einige Umsetzungen darauf abzustimmen. Upcycling-Elemente sind eine zum Tisch umgebaute Kabeltrommel, ein bepflanztes Palettenregal, zwei Sessel sowie ein kleines Regal aus Holzelementen und gebrauchten Bäckerkisten. Auch die mobilen Boxen, die zur Raumabtrennung, für Workshops und als Stauraum genutzt werden können, bestehen zum Teil aus Altholz.
Die Bäume, die als künstlerisches Gestaltungselement sowie bei Veranstaltungen zum Thema Wald als haptische Ergänzung genutzt werden, wurden gemeinsam mit dem städtischen Forstamt ausgesucht, gefällt (dafür waren sie eh vorgesehen) und ins Grüne Labor gebracht. Damit haben wir einen Querschnitt der Baumbepflanzung, die im Stadtwald zu finden ist, auch im Grünen Labor vor Ort. Neben Ulme, Birke, Lärche, Ahorn, Rubinie und Eiche gibt es auch eine Buche mit einer Höhlung. In dieser »nistet« ein Wiedehopf, der 2022 vom NABU zum Vogel des Jahres erwählt wurde und nun unser Glücksvogel ist. Im gleichen Jahr wurde das Grüne Labor nach einer Ideenfindungs-, Planungs- und Umsetzungsphase von knapp zwei Jahren eröffnet.
Die Idee »Grünes Labor«
2019 entstand die Idee, in der Stadtbücherei einen Raum umzugestalten, der als Ort der Begegnung und des Austausches zu »grünen« Themen genutzt werden sollte. Das »Grüne Labor« war geboren.
Das Förderprogramm »Zukunftsräume Niedersachsen« bot schließlich die Möglichkeit, die Idee umzusetzen. Für die Antragstellung bekamen wir Unterstützung vom SCHUBZ Umweltbildungszentrum Lüneburg und konnten im Januar 2021 den Zuwendungsbescheid entgegennehmen. Bis dahin war es eine Menge Arbeit – Brainstorming im Team und Gespräche mit möglichen zukünftigen Partnern und Partnerinnen.
Die Planungs- und Umsetzungsphase fiel in die Corona-Zeit und brachte die entsprechenden Probleme mit sich. Vororttreffen waren nicht möglich, die Beteiligungsworkshops mussten digital stattfinden, Lieferkettenschwierigkeiten traten auf und immer wieder fielen Handwerker, Planer und Mitarbeiter/-innen durch Corona-Erkrankungen aus. Dennoch wurde am ambitionierten Ziel festgehalten, die beantragte Projektzeit bis zum 31. Januar 2023 einzuhalten (Der Projektzeitraum wurde bis zum 31. Juli 2023 verlängert).
In der Zeit dazwischen ist sehr viel passiert. Das Grüne Labor wurde fertiggestellt. Auf 107 Quadratmeter entstand in der zweiten Etage ein Erlebnisort in der Stadtbücherei Hameln & ein Grünes Netzwerk für Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit im Weserbergland.
Den Start für ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm machten nach der Eröffnung im Mai 2022 die Forschertage, an denen sich bereits einige unserer Partner/-innen aktiv beteiligten. Bis Januar 2023 wurden 104 Veranstaltungen unterschiedlicher Formate angeboten: Ausstellungen, Workshops, Vorträge, Upcycling-Projekte, Schülerpräsentationen, Buchpräsentationen, Erzähl-Cafés, Kamaishibais, kleine Naturerkundungsprojekte mit BlueBots, ein Schülerfirmentag. So konnten die inzwischen 42 Partner/-innen, die aktuell dem Netzwerk Grünes Labor angehören, ausprobieren, welche Möglichkeiten ihnen der Raum und das flexible Mobiliar bieten.
Drei Tische, gebaut aus Hölzern der im Grünen Labor befindlichen Bäume, die zusammengestellt einen großen Community-Table ergeben, unterschiedliche Sitzgelegenheiten, bequeme Sessel und das Podest, das von fast allen Beteiligten gewünscht und somit auch umgesetzt wurde, bieten zusammen mit den mobilen Boxen viele Möglichkeiten, spannende Formate gut umzusetzen.
Mit einem Panel gibt es auch die technischen Voraussetzungen für digitale Präsentationen und Vorträge.
Das Grüne Labor als Wohlfühlort
Schön präsentiert in wasabigrünen Regalen werden im Grünen Labor auch die Gartenbücher sowie Medien zu den Themen Umwelt, Klima und Naturschutz, da der Raum nach wie vor Teil der Stadtbücherei und damit zu den Öffnungszeiten begehbar ist. Dies wird gut angenommen. Nicht nur, dass Besucher die angenehme Atmosphäre nutzen, um auf dem Podest oder in den bequemen Sesseln zu chillen – auch durch die Ruhe, die der Raum ausstrahlt, wird er zum beliebten Arbeitsort – einzeln oder in kleinen Gruppen.
Viele Elemente im Grünen Labor haben eine Symbolik, die man immer wieder in die Aktionen zur Umweltbildung einbeziehen und durch sie einen Bezug zur Natur oder zu Umweltthemen herstellen kann. So weist ein an einem Holzrahmen befestigtes »Geisternetz« auf die Problematik der im Meer oder in Gewässern verloren gegangenen Fischernetze hin, in denen sich Tiere verfangen und verenden. Andererseits ist es auch ein Zeichen für das Netzwerk der Partner/-innen des Grünen Labors, die sich als Interessengemeinschaft zusammengefunden haben, um auf die Umstände, die Klimawandel und Umweltverschmutzung mit sich bringen, aufmerksam zu machen.
Unser Ziel ist es zu zeigen, dass das Grüne Labor Weserbergland, das sich der Umsetzung einiger Ziele der Agenda 2030 verschrieben hat und mit seinem Netzwerk über die Landkreisgrenzen hinaus wirken möchte, ein Beispiel dafür sein kann, dass man auch mit einer Raum-in-Raum-Lösung und kleineren Änderungen große Wirkung erzielen kann. Wenn die Bibliothekswelt sich etwas bunter zeigt, das Miteinander in einer Stadtgesellschaft vernetzter wird und Ideen gemeinsam umgesetzt werden, hat man schon viel erreicht auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft.
Andrea Beißner, geboren 1959, Ausbildung an der Staatsbibliothek P.K. zu Berlin zur Bibliotheksassistentin an Wissenschaftlichen Bibliotheken. Mehr als 30 Jahre bibliothekarische Tätigkeit in Wissenschaftlichen und Öffentlichen Bibliotheken. Elf Jahre Leitung der Stadtbücherei Töging am Inn (Bayern). Viele Jahre als Museumspädagogin im Museum Hameln und Bad Pyrmont sowie Tätigkeiten im Bereich der Leseförderung und des LesementoRings bei der LEB (Ländliche Erwachsenenbildung) Weserbergland. Diverse Projektarbeiten und Fachveröffentlichungen zu verschiedenen Themen. Seit 2019 Mitarbeiterin für die Fördermittelakquise in der Stadtbücherei Hameln, seit 2021 Projektleitung »Grünes Labor«. Ab 1. September 2023 in Rente.