76. Frankfurter Buchmesse eröffnet

Premieren, Prominenz, Programm: Die Frankfurter Buchmesse diskutiert die drängenden Themen der Zeit - und rückt das Gastland Italien in den Mittelpunkt.
Für eine Woche öffnet die Frankfurter Buchmesse wieder ihre Pforten: Bis Sonntag lockt die größte Buchmesse der Welt wieder Lesebegeisterte und Aussteller aus aller Welt an. Foto: Frankfurter Buchmesse 2018 / Niklas Goerke
Für eine Woche öffnet die Frankfurter Buchmesse wieder ihre Pforten: Bis Sonntag lockt die größte Buchmesse der Welt wieder Lesebegeisterte und Aussteller aus aller Welt an. Foto: Frankfurter Buchmesse 2018 / Niklas Goerke

 

Die 76. Frankfurter Buchmesse (16.–20. Oktober 2024) widmet sich den aktuellen Themen der internationalen Publishing-Branche ebenso wie den gesellschaftspolitischen Fragen der Zeit. Wie die Frankfurter Buchmesse mitteilte, habe sie das Angebot für Begegnungen zwischen Leser/-innen und Autor/-innen weiter ausgebaut – in diesem Jahr sei ein besondere Augenmerk auf die wachsende Lust an Literatur in der jungen Generation von Leserinnen und Lesern gelegt worden.

Zur Eröffnung der Buchmesse am Dienstag hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth eine eindringliche Eröffnungsrede halten. »Bücher werden verboten und Ihre Autor/-innen unterdrückt, verfolgt und eingekerkert, in Russland, im Iran, in China und weit darüber hinaus. Auch in Europa sehen wir bedenkliche Tendenzen, wenn es um die Freiheit des Buches, die Freiheit des Wortes geht.«

Italiens Kulturminister Alessandro Giuli sprach als Repräsentant der Regierung Italiens. Unterbrochen wurde Giulis Rede von erbosten Zwischenrufen über die aktuelle rechte Regierung Italiens. Als literarische Festredner/-innen hat das Komitee des diesjährigen Ehrengastlands Italien den Physiker und Autor Carlo Rovelli, die Schriftstellerin Susanna Tamaro und den Philosophen Stefano Zecchi ausgewählt.



Ehrengastland Italien

Mit mehr als 90 Autor/-innen präsentiert Italien, das diesjährige Ehrengastland der Frankfurter Buchmesse, die Vielfalt der zeitgenössischen italienischen Verlagsproduktion. Zu den Schriftsteller/-innen, die das Gastlandprogramm mit Gesprächen und Lesungen prägen werden, gehören so bekannte Namen wie Alessandro Baricco, Paolo Cognetti, und Claudio Magris. Die Veranstaltungen finden in der Arena und im Caffè Letterario statt, die sich beide in dem von dem Architekten Stefano Boeri als Piazza gestalteten Ehrengast-Pavillon befinden.

Zum Auftritt der italienischen Ehrengäste gehört außerdem ein Fachprogramm, das am italienischen Gemeinschaftsstand in Halle 5.0 stattfindet. Hier stellt sich der – gemessen am Umsatz – viertgrößte europäische Buchmarkt der internationalen Publishing-Branche vor.

Regierungskritische italienische Autoren

Neben dem Programm des Ehrengastkomitees im Gastland-Pavillon gibt es ergänzende, von überwiegend regierungskritischen italienischen Autorinnen und Autoren und ihren deutschsprachigen Verlagen initiierte Veranstaltungen. Hervorzuheben ist etwa das Gespräch zwischen dem regierungskritischen Starautor Roberto Saviano, der von der offiziellen italiensichen Delegation ausgeschlossen wurde, und dem Co-Vorsitzenden des PEN Berlin, Deniz Yücel, über »Literatur & Politik. Schreiben in illiberalen Zeiten« (Samstag, 19. Oktober, um 14.00 Uhr im Frankfurt Pavilion).

Außerdem findet eine moderierte Lesung Antonio Scuratis zu seinem neuen, während der Messewoche auf Deutsch erscheinenden Mussolini-Roman »M. Das Buch des Krieges« statt (Mittwoch, 16. Oktober um 20.00 Uhr im Rahmen der städtischen Reihe Open Books in der Evangelischen Akademie). Antonio Scurati, bekannt für sein Romanprojekt über den Aufstieg des Faschismus in Europa, steht der rechten italienischen Regierung kritisch gegenüber. Scurati äußerte sich auch kritisch zur italienischen Delegation für die Frankfurter Buchmesse und sagte seine Teilnahme an der offziellen Delegation aus Solidarität mit anderen ausgeschlossenen Autoren wie Roberto Saviano ab.

Zusammen mit den FaMI-Auszubildenden der Stauffenbergschule in Frankfurt am Main ist der Berufsverband Information Bibliothek (BIB) mit einem Gemeinschaftsstand auf der Frankfurter Buchmesse vertreten (Halle 1.2, Stand E.11). Dort ist der BIB Anlaufstelle und Treffpunkt für seine Mitglieder, andere Bibliotheksbeschäftigte oder solche, die es werden wollen.

 

Im Rahmenprogramm hat der BIB folgende Veranstaltungen geplant:

Am Freitag, 18.10.2024, 14:30 – 15:00 Uhr stellt sich das Netzwerk »Medien an den Rändern« in Halle 4.0, auf der Bühne H104 vor.

Am Stand selbst wird von Mittwoch 16.10. bis Samstag 19.10.2024 Wolfgang Folter von der Kommission für Eingruppierungsfragen jeweils in der Zeit von 14:00 – 15:00 Uhr für Fragen rund um die Eingruppierung zur Verfügung stehen.

 

New Adult Area

Mit der New Adult Area in Halle 1.2 hat die Frankfurter Buchmesse ein neues Areal konzipiert, mit dem sie dem steigenden Interesse vor allem junger Leserinnen und Leser an einer persönlichen Begegnung mit ihren Stars entgegenkommt. Auf 8.000 Quadratmetern findet dort das Erfolgsgenre New Adult mit seinen Spielarten wie Romantasy und Dark College – inklusive vieler queerer Verlage – ein zusätzliches Zuhause. Die zahlreichen Fans dieser Literaturwelten treffen am Wochenende auf der New Adult Stage auf Autorinnen wie Jane S. Wonda.

Auf der Eröffnungspressekonferenz in Frankfurt erläuterte Buchmesse-Direktor Juergen Boos das Angebot: »Die Frankfurter Buchmesse ist immer im Wandel. Wir greifen neue Entwicklungen des Marktes auf und machen sie in Frankfurt sichtbar. Deshalb bieten wir in diesem Jahr den Verlagen und dem Publikum das New Adult Areal an. Was dort geschieht, hat eher den Charakter einer Convention als den einer klassischen Messe. Es geht um ein von Fans getriebenes Event rund ums Signieren, Selfies mit Autor/-innen und Stars aus besonderen Genres.«

Frankfurt Calling

Als internationale Plattform für die drängenden gesellschaftspolitischen Debatten der Zeit kuratiert die Frankfurter Buchmesse 2024 ein Programm mit internationalen Namen aus Wissenschaft, Kultur und Politik. Versammelt sind die Veranstaltungen erstmals unter einem eigens geschaffenen Markendach: »Frankfurt Calling – Perspectives on Culture and Politics«. Hier werden globale Perspektiven auf Großthemen wie Demokratie, Menschenrechte, künstliche Intelligenz, Klimawandel und Bildung eröffnet. Weitere Themen der Panels, Lesungen und Performances sind der Krieg Russlands gegen die Ukraine, der sich ausweitende Konflikt im Nahen und Mittleren Osten sowie seine Rezeption, Black Feminism und das weltweite Erstarken des Populismus.



Hauptbühne der Veranstaltungen ist der Frankfurt Pavilion auf der Agora des Messegeländes. Das Programm wird von der Frankfurter Buchmesse gemeinsam mit ihren Partnern, wie den UN, Amnesty International, Memorial, PEN Berlin, CORRECTIV, der SZ, der FAZ und der Bildungsstätte Anne Frank, zusammengestellt. Meinungsstarke Autorinnen und Autoren wie Roberto Saviano, Mai Thi Nguyen-Kim, Anne Applebaum, Eva Menasse und Omri Boehm diskutieren über Themen, die den öffentlichen Diskurs bestimmen.

Ein Publikumshighlight der »Frankfurt Calling«-Reihe wird nach Buchmessen-Angaben die Begegnung des israelischen Historikers und Bestsellerautors Yuval Noah Harari mit dem japanischen Philosophen und Kapitalismuskritiker Kohei Saito. Am Mittwoch (16. Oktober um 19.30 Uhr im Saal Harmonie) diskutieren sie die Frage »Hilft auf dem Weg in eine lebenswerte Zukunft nur noch ein Systemsturz?« Harari wurde mit dem Buch Eine kurze Geschichte der Menschheit weltberühmt.

In seinem neuen Werk Nexus thematisiert er die Gefahr, dass die Informationsnetzwerke der Gegenwart die Zukunft der Menschheit zerstören könnten. Kohei Saito formuliert in seinem Bestseller Systemsturz eine radikale Wachstumskritik, er plädiert aus marxistischer Perspektive für eine demokratische Reform von Arbeit und Produktion.

Buch und Film

In Kooperation mit der Kinderbuchmesse Bologna präsentiert sich in Frankfurt erstmals das Games Business Centre. Es richtet sich an alle Games-Publisher, Developer und Anbieter aus der Games-Branche. Sie vernetzen sich hier auf der größten internationalen Buchmesse mit Verlagen, Filmproduzent/-innen und Fachbesucher/-innen.

Hohe Aufmerksamkeit komme erneut dem für den Lizenzhandel strategisch wichtigen Thema »Buch und Film« zu, teilte die Buchmesse weiter mit. Hier geht es darum, die Vermittlung von Buchstoffen für Filmproduktionen zu fördern und Begegnungen zwischen Verlagsvertreter/-innen und Filmproduzent/-innen zu organisieren. Beim sogenannten Book-to-Screen Day (18. Oktober) findet im Frankfurt Pavilion um 14Uhr ein »Book-to-Screen-Gespräch« statt: Die Schriftstellerin Fatma Aydemir spricht mit Aslı Özarslan über deren Literaturverfilmung von Aydemirs »Ellbogen« und darüber, wie gute Geschichten den Weg vom Buch auf die große Leinwand finden.



Zentrum Wort und Asia Stage

Das neu konzipierte »Zentrum Wort« in Halle 4.1 ist der zentrale Treffpunkt für das Thema »Literatur und Übersetzung«. Organisiert vom »Verband deutschsprachiger Übersetzer/innen literarischer und wissenschaftlicher Werke« (VdÜ), dem Deutschen Literaturfonds und der Kunststiftung NRW in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse bietet es eine Bühne und ein Networking-Areal für den Austausch zwischen Autor/-innen und Literaturübersetzer/-innen mit Verleger/-innen, Kritiker/-innen und Agent/-innen.

Zu den Neuheiten im internationalen Ausstellerbereich gehört die Asia Stage in Halle 5.1. Hier werden an allen fünf Messetagen Lesungen und Veranstaltungen zu literarischen und kulturpolitischen Themen von Autorinnen und Autoren aus verschiedenen asiatischen Ländern und Regionen geboten. An Fachbesucher/-innen richten sich Informationsveranstaltungen über Trends und Entwicklungen im asiatischen Buchmarkt. Zahlreiche Networking-Angebote ermöglichen eine gezielte Vernetzung innerhalb der Publishing-Community Asiens.

Auch die 76. Frankfurter Buchmesse entfaltet wieder eine hohe Sichtbarkeit im städtischen Raum. Eine spektakuläre Aktion ist noch bis zum 20. Oktober auf dem Paulsplatz in unmittelbarer Nähe zur Frankfurter Paulskirche zu erleben: In einer Kooperation zwischen Frankfurter Buchmesse, dem Stadtmarketing Frankfurt und dem Goethe-Haus bietet dort ein »Great Escape Room« seinen Besucher/-innen 238 Jahre nach Goethes Italienreise an, sich gemeinsam mit dem Geheimrat noch einmal auf den Weg gen Süden zu machen.

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