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Kulturinstitutionen im ländlichen Raum – Förderungsoptionen

LEADER
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In den vergangenen Monaten hat die Flüchtlingskrise die Förderszene in Atem gehalten und dort für viele Veränderungen gesorgt.[1] Es gibt noch weitere demografische Entwicklungen in Deutschland, die öffentliche Geldgeber, aber auch private Förderer bei der Konzeption von Förderprogrammen in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Die Menschen werden älter, Städte und urbane Zentren werden immer beliebter. Durch den Strukturwandel in Industrie und Wirtschaft verlassen die jüngeren Generationen die ländlichen Regionen und ziehen in die Städte, um Arbeit zu finden und auch Bildung, Kultur und Chancen nutzen zu können.[2] Häufig bleiben die weniger Mobilen, vor allem die älteren Menschen, oder die, die es sich nicht leisten können – und die wenigen, die aus Überzeugung bleiben. Die Folgen der »Landflucht«: Zunehmende Armut, Bildungsabwanderung und Überalterung gelten aktuell als kennzeichnende Merkmale der Bevölkerungsentwicklung abgelegener ländlicher Räume.[3]

 

Dort hat man mit folgenreichen Veränderungen zu kämpfen. Die Steuereinnahmen sinken, die ohnehin verschuldeten Kommunen kürzen bei den freiwilligen Leistungen – den Kultureinrichtungen wie Bibliotheken, Museen oder Theatern. Der Wert dieser Kultureinrichtungen für das Zusammenleben in den Regionen wird von Politik und Entscheidungsträgern meist als nachrangig bewertet. Immer mehr Förderer heben aber auch den entscheidenden Beitrag von Kultureinrichtungen zur Stabilisierung von Identität und Gemeinschaftsbildung hervor. Weil dies in den Ausschreibungen so aber nicht immer steht, bleibt der Förderdschungel unübersichtlich und überaus komplex. Welche Förderungen und Ansätze der EU, des Bundes oder von Stiftungen für Kulturinstitutionen wie Bibliotheken im ländlichen Raum interessant sind, wird im Folgenden dargestellt.

EU-Förderung im Rahmen des LEADER-Ansatzes

Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist das Instrument der Europäischen Union zur Unterstützung der ländlichen Räume. Einer seiner vier Schwerpunkte ist das Förderkonzept LEADER. LEADER steht für »Liaison entre actions de développement de l‘économie rurale«. Das bedeutet soviel wie »Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft«. Seit 1991 existiert dieses EU-Förderprogramm und ist seit 2006 ein eigenständiger Schwerpunkt. Aber wie kann die EU, wie können »die da drüben in Brüssel« regional gut fördern?

Bottom-up-Prinzip in der LEADER-Förderung

Die EU kann regional gut fördern, indem das Geld an den Stellen zur Verteilung eingesetzt wird, wo die Menschen Entscheidungen treffen und Einfluss haben, die direkt von den Projekten profitieren. Die lesenswerte Studie »Förderpotenziale für die kulturelle Infrastruktur sowie für kulturelle Aktivitäten in ländlichen Räumen. Eine Bestandsaufnahme«, erstellt vom Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft, bietet einen umfassenden Überblick über Akteure und Förderprogramme für den ländlichen Raum in Deutschland. Sie zeigt auf, wie Förderung nachhaltig und sinnvoll wirken kann.[4] Ein zentrales Ergebnis der Studie und gleichzeitig Empfehlung an die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien Monika Grütters ist: Nur gemeinsam – und damit ist die aktive Einbeziehung und Zusammenarbeit mit der Bevölkerung gemeint, also der Menschen, die vor Ort Kultur gestalten, nutzen und diese »konsumieren« – können kulturelle Aktivitäten dort ankommen, und als Angebot in ihrer Breite angenommen werden.

 

Dieses »Bottom-up-Prinzip« ist auch das Grundprinzip des LEADER. Vor Ort weiß man am besten, wo der Schuh drückt, worin die regionalen Stärken liegen und wie sich eine Region nachhaltig, wirtschaftlich, kulturell und sozial weiterentwickeln kann.

"Ab  2017 will das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit  jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investieren."

Die Entwicklungsprozesse werden in den Regionen durch sogenannte lokale Aktionsgruppen (LAG) organisiert und begleitet. In diesen lokalen Aktionsgruppen sind die für die Region relevanten öffentlichen und privaten Akteure so zusammengeschlossen, dass auf Ebene der Entscheidungsfindung eine Stimmenmehrheit auf Seiten der nicht öffentlichen Wirtschafts- und Sozialpartner sowie sonstigen Vertreter der Zivilgesellschaft liegt. Die Erarbeitung und Umsetzung einer Entwicklungsstrategie[5], die eine Art Grundlagendokument zur Förderung ist, erfolgt durch die Bevölkerung der Region und durch Vertreter von Vereinen, Verbänden, Unternehmen, Kommunen, Kulturinstitutionen, der Landwirtschaft et cetera – eben »bottom-up«. Die LAGs beraten und setzen Impulse für die ländliche Entwicklung. Die Auswahl der Projekte stellt in diesem Rahmen eine zentrale Aufgabe dar. Grundlage für die Auswahl der Projekte sind Kriterien, die aus den Zielen der Entwicklungsstrategie abgeleitet werden, die sich jede Region gegeben hat. Es werden modellhafte Ansätze und neue Lösungen gefördert.

 

Eine wichtige Rolle bei der Organisation des Entwicklungsprozesses und der Begleitung der Umsetzung kommt dem Regionalmanagement zu. Die RegionalmanagerInnen der LEADER-Regionen sind zentrale Ansprechpartner zu Fragen des LEADER-Prozesses. Sie beraten zu den Fördermöglichkeiten und sind unterstützend bei der Antragsstellung tätig.

"Für die Zukunft wird entscheidend sein, dass die dort gemachten Erfahrungen weitergegeben werden, um eine weiterführende Debatte anzustoßen."

In der aktuellen Förderperiode 2014 bis 2020 gibt es 321 LEADER-Regionen[6] – gute Chancen, das erste Kriterium für eine LEADER-Förderung zu erfüllen. Bis zu 65 Prozent der Projektkosten können im Rahmen von LEADER gefördert werden. Den Rest muss der Projektträger selbst finanzieren. Der erste Schritt sollte also sein, zu prüfen, ob man Teil einer LEADER-Förderregion ist, und sich dann mit dem dortigen Regionalmanagement in Kontakt zu setzen.

 

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Nationale Förderung des Bundes

Auch bei der nationalen Förderung von Kultur im ländlichen Raum gilt es, genau hinzuschauen. Ländliche Räume werden in Deutschland über die Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes« (GAK) gefördert.[7] Ein Teil der GAK ist die Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE), deren Umsetzung und Programmierung über die Bundesländer erfolgt. Oberziel der ILE ist die Zusammenarbeit der gesamten Region auf der Grundlage einer gemeinsamen Handlungsstrategie, dem Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept (ILEK). Ziel der Integrierten Ländlichen Entwicklung ist ein gemeinsames Wirken von Akteuren der jeweiligen Region. Darunter wird die interkommunale Zusammenarbeit unter Mitwirkung von Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie sonstiger Bürger verstanden. Die Grundlage bildet ein Integriertes Regionales Entwicklungskonzept, dessen Umsetzung ebenfalls von einem Regionalmanagement begleitet wird. In Deutschland gibt es derzeit rund 100 ILE-Regionen.[8]

"Ab  2017 will das BMUB zudem jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investieren."

Zudem sei auf die Initiative »Ländliche Infrastruktur« des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hingewiesen.[9] Mit einer Reihe von Projekten (Städtebauförderungsprogramm »Kleinere Städte und Gemeinden«, Wettbewerb »Menschen und Erfolge«, Förderung von Regionalstrategien Daseinsvorsorge) greift das Ministerium den demografischen Wandel in ländlichen Räumen fördertechnisch auf. Das Programm »Kleinere Städte und Gemeinden« richtet sich insbesondere an Klein- und Mittelstädte und Gemeinden ihres Versorgungsbereichs in dünn besiedelten, ländlichen, von Abwanderung bedrohten oder vom demografischen Wandel betroffenen Räumen. Anträge stellen Städte und Gemeinden bei dem für die Städtebauförderung zuständigen Landesministerium oder der von ihm beauftragte Behörde (zum Beispiel Regierungspräsidium oder Landesverwaltungsamt).[10]

 

Ab  2017 will das BMUB zudem jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investieren.[11] Aktuell verhandelt der Bund mit den Ländern eine Verwaltungsvereinbarung zur konkreten Verteilung der Investitionsmittel. Bei der Ausgestaltung der Verwaltungsvereinbarung soll darauf geachtet werden, dass die in Aussicht gestellten Fördermittel allen Städten und Gemeinden, also auch Kommunen im ländlichen Raum, zugutekommen können. Zudem sollen explizit auch finanzschwache Kommunen an der Förderung partizipieren. Für Bibliotheksakteure ist es an der Stelle wichtig, bereits jetzt mit AnsprechpartnerInnen aus der städtebaulichen Verwaltung in Kontakt zu treten. Bibliotheken sind als kommunale Einrichtungen mit integrativem Zweck Ziel der Förderung. Im besten Fall bilden sie zusammen mit anderen Kultur- und Bildungsinstitutionen eine Art Bildungszentrum.

Stiftungsförderung im ländlichen Raum

Stiftungen erkennen die Förderpotenziale der Kulturinstitutionen des ländlichen Raumes schon lange und viel konkreter an. Nicht nur regional, über die vielen Bürgerstiftungen und Sparkassenstiftungen, auch auf Bundesebene bewegt sich gerade etwas. Mit dem neuen Programm  »TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel« wendet sich die Kulturstiftung des Bundes erstmals gezielt an ländliche Regionen und kleinere Gemeinden mit ihrem Kulturangebot, um dort Transformationsprozesse anzustoßen.[12] Allerdings handelt sich es sich hier nicht um ein offenes Programm, sondern um eine »aussuchende« Förderung. Die vier Modellregionen stehen bereits fest. Zwei Stadtbibliotheken sind unter anderem Teil des zunächst auf fünf Jahre angelegten Programms. Insgesamt werden dafür 13,5 Millionen Euro bereitgestellt werden.[13] So plant die Stadt Osterode die Neuausrichtung und Umgestaltung der Stadtbibliothek zu einem interkulturellen Ort der Begegnung, Bildung und Kultur. Das Jacobson-Haus in Seesen wird zu einem Veranstaltungshaus erweitert. In diesem sollen Theater, Konzerte und Ausstellungen stattfinden. Auch ein Kulturbüro soll dort angesiedelt sein.

"Es gibt bereits viele Förderprogramme für den ländlichen Raum. Ob diese alle greifen, wird kritisch diskutiert."

Für die Zukunft wird entscheidend sein, dass die dort gemachten Erfahrungen weitergegeben werden, um eine weiterführende Debatte anzustoßen. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen wie: Wie erfindet sich eine Institution neu? Wie gelingt die Bürgerorientierung? Wie können sich kommunale Angebote ergänzen und welche Allianzen können gebildet werden zwischen Kultur, Politik und Verwaltung zugunsten attraktiver Kultureinrichtungen? Was brauchen die Menschen, die hier leben? Wie soll ein attraktives Kulturangebot für unsere Region in Zukunft aussehen?[14] Aus dem Programm soll unter anderem eine Mobile Akademie entstehen, die ein Angebot darstellen soll für Institutionenleiter, Verwaltungsmitarbeiter, und Kulturverantwortliche in anderen Regionen, um von den Modellprojekten zu lernen und Ideen zu übernehmen.

 

An diesem Ansatz erinnert viel an das Konzept des Kommunalen Bildungsmanagements. Für Stiftungen ist dieses besonders interessant, können sie damit doch ihre Förderziele in Kooperation mit verschiedenen Akteuren greifbarer machen und nachhaltig umsetzen. Dazu hat zuletzt der Bundesverband Deutscher Stiftungen die Checkliste »Kommunales Bildungsmanagement gemeinsam gestalten – Was Stiftungen und Kommunen wissen und beachten sollten, wenn sie eine Bildungslandschaft in Kooperation entwickeln wollen« veröffentlicht.[15]

Noch viel Potenzial für Kulturförderung im ländlichen Räumen

Es gibt bereits viele Förderprogramme für den ländlichen Raum. Ob diese alle greifen, wird kritisch diskutiert.[16] Die Programme, die auch die Kulturförderung einbeziehen und die im Rahmen der Studie des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft aufgeführt werden, machen jedoch deutlich, dass es gerade im Bereich Kultur noch zahlreiches Verbesserungspotenzial gibt. Kulturpolitik im ländlichen Raum spielt meist nur dort eine Rolle, wo sich kulturelle Akteure einmischen, die Beteiligung der politischen Gemeinde einfordern oder als Partner dieser auftreten. Die herausgehobene Stellung von Kulturpolitik spiegelt sich nicht im Interesse der kommunalen Verantwortlichen wider – beziehungsweise in den kommunalen Haushalten. So sind auch die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) grundsätzlich für die Kulturförderung interessant. Sie sind aber für Kulturakteure schwer zugänglich.

 

Kulturpolitik kann nachhaltig dort stattfinden, wo sich Initiativen, Einrichtungen und Konzepte finden, die diese initiieren, fördern und wo die entsprechende Beteiligung der ländlichen Bevölkerung gelingt (vgl. Studie, S. 27). Daher wird auch der Bottom-up Ansatz des LEADER als allgemein erfolgreich angesehen. Eine Herausforderung besteht weiterhin darin, die ESI-Fonds-Verwaltungen in Bund und Ländern davon zu überzeugen, dass Kulturakteure wie Bibliotheken einen Beitrag zur Umsetzung integrierter Stadt- und Regionalentwicklungskonzepte leisten – wie im Rahmen sozialräumlicher Konzepte gegen Bildungsbenachteiligung, Armut und soziale Ausgrenzung.[17] Genauere Kenntnisse der Programmplanungsprozesse der Operationellen Programme sind in jedem Fall notwendig, um Möglichkeiten einer Intervention zugunsten einer stärkeren Einbeziehung kultureller Aspekte in die nächste Programmphase ab 2021 abstecken zu können. Für die Überzeugungsarbeit sind wiederum die Experten aus den Bibliotheken und Verbänden gefragt.

Von LEADER gefördert: Bibliotheksprojekte

•    Mit der Zusammenführung der Stadtbibliothek Neustrelitz, der Bibliothek der Stiftung Mecklenburg, dem Karbe-Wagner-Archiv, dem Archiv das Landestheaters Neustrelitz und den Sammlungen des Museums der Stadt zum Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz ist für die Region ein Ort der Kommunikation, Bildung und Geschichtsvermittlung entstanden. Über LEADER wurde die Stadtbibliothek mit 422 139 Euro  bezuschusst.

 

•    In der Stadt Gammertingen wurde die Stadtbücherei in der LEADER-Region Oberschwaben sowohl in der Medienausstattung als auch in der Möblierung und der Technik nachhaltig modernisiert. Etwa 185 000 Euro wurden in Möbel, Regale, Medien und Büchereitechnik investiert – finanziert mit etwa 110 000 Euro Fördermitteln aus dem Sonderprogramm LEADER-Kultur-ILAG und dem Land Baden-Württemberg. – www.leader-oberschwaben.de/?p=1859

 

•    Im Projekt »Lesende Region Hochsauerland Literacy – Büchereien der LEADER-Region Hochsauerland« wurden SchülerInnen einer  Fachschule für Sozialpädagogik und allen ErzieherInnen im betroffenen »LEADER«-Gebiet Hilfestellungen im Bereich Sprache, Sprachförderung, Lesefrühförderung und kreative Ideen zum Umgang mit dem Buch gegeben – insbesondere auch im Hinblick auf Migranten. Voraussetzung dafür war die Vernetzung aller bibliothekarischen Einrichtungen im LEADER-Gebiet mit der Fachschule. – www.bib-hochsauerland.de/index.html

 

•    In Lindau wurde das Bibliotheksmuseum 2013 in dem Projekt »ERBe: Ehemals Reichsstädtische Bibliothek im Alten Rathaus Lindau (B) – Altes ERBe neu erleben« unter anderem durch die LEADER-Förderung restauriert und in ein neues Antlitz gebracht. – www.kultur-lindau.de/bibliotheksmuseum/

 

•    Ein Beispiel aus Österreich: Im Rahmen des LEADER-Projektes »Bibliothekenlandschaft Oberkärnten«, das der Regionalverband Nockregion in Kooperation mit der LAG Großglockner/Mölltal-Oberdrautal 2014 durchführte, kooperierten zehn Bibliotheken aus dem Bezirk Spittal/Drau, tauschten Erfahrungen in ihrem Netzwerk aus und führten Veranstaltungen gemeinsam durch. Das Projekt unterstützte die teilnehmenden Bibliotheken, lebensbegleitendes Lernen reizvoller zu gestalten. Die Einrichtungen wurden modernisiert oder ergänzt und es konnten zahlreiche Medien angekauft werden. – www.wissenslandkarte.ktn.gv.at/288411_DE-BIBLIOTHEKEN-BIBLIOTHEKEN_PROJEKTE 

Julia Borries, 2.9.2016

 

LEADERDie Autorin

Julia Borries ist Referentin für EU-und Drittmittelberatung im Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (knb) beim Deutschen Bibliotheksverband (dbv). Sie ist Ansprechpartnerin bei Fragen zur Förderung im ländlichen Raum oder zu konkreten Fördermöglichkeiten. – Kontakt: borries@bibliotheksverband.de

 

 

 

 

 

[1] Zahlreiche öffentliche Förderer haben neue Programme auf die Beine gestellt, Wettbewerbe ausgeschrieben, Stiftungen und Initiativen wurden gegründet, um im Bereich der Flüchtlingshilfe, der Integration und der kulturellen Bildung Anstöße zu geben und in bestem Fall auch nachhaltige Strukturen zu schaffen. Beispielhaft eine Übersicht des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen der zurzeit aktiven Stiftungen im Bereich der Flüchtlingshilfe: www.stiftungen.org/de/stiftungswissen/stiftungen-und-fluechtlingshilfe.html

 

[2] Versuch einer Definition des ländlichen Raumes vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Alle kreisfreien Großstädte sowie die städtischen Kreise bilden den städtischen Raum, alle ländlichen Kreise bilden den ländlichen Raum, www.bbsr.bund.de/nn_1067638/BBSR/DE/Raumbeobachtung/Raumabgrenzungen/Kreistypen2/kreistypen.html

 

[3] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Ländliche Regionen verstehen. Fakten und Hintergründe zum Leben und Arbeiten in ländlichen Regionen, Berlin. Verfügbar unter: www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/LR-verstehen.pdf?__blob=publicationFile

 

[4] Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (Hrsg.) (2015): Förderpotenziale für die kulturelle Infrastruktur sowie für kulturelle Aktivitäten in ländlichen Räumen. Eine Bestandsaufnahme, Bonn, online zu finden: www.kupoge.de/download/Studie_laendliche-kulturarbeit.pdf  – Zwei Fragestellungen stehen im Mittelpunkt der Studie: 1. Welchen Beitrag leistet Kultur zur Abmilderung der Folgen des demografischen Wandels in ländlichen Räumen? 2. Wie kann Kultur in ländlichen Räumen, die vom demografischen Wandel betroffen sind, gut beziehungsweise besser gefördert werden?

 

[5] Die lokalen Entwicklungsstrategien enthalten eine Bestandsaufnahme, eine Stärken-Schwächen-Analyse, Strategien und Leitbilder für die Region sowie einen ersten Schwung an Projektideen für die nächsten Jahre.

 

[6] www.netzwerk-laendlicher-raum.de/regionen/lags-2014-2020/

 

[7] www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Foerderung-Agrarsozialpolitik/GAK/gak_node.html

 

[8] Dokumente und Links zum Fördergrundsatz der GAK zur Integrierten Ländlichen Entwicklung und weitere grundlegende Dokumente finden sich auf den Seiten des BMEL: www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Foerderung-Agrarsozialpolitik/GAK/gak_node.html

 

[9] www.bmub.bund.de/themen/stadt-wohnen/stadtentwicklung/initiative-laendliche-infrastruktur/

 

[10] www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/kleinere_staedte_u_gemeinden_faltblatt_bf.pdf

 

[11] Zur Pressemitteilung vom 15. Juni 2016:  www.bmub.bund.de/N53207/

 

[12] www.kulturstiftung-des-bundes.de/cms/de/projekte/nachhaltigkeit_und_zukunft/trafo/index.html

 

[13] www.mwk.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/rund-drei-millionen-von-der-kulturstiftung-des-bundes-fuer-kulturangebot-in-suedniedersachsen-139410.html

 

[14] Die Autoren des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung plädieren in ihrer Studie »Von Hürden und Helden. Wie sich das Leben auf dem Land neu erfinden lässt« dafür, das Leben auf dem Land einfacher zu gestalten: weg vom Anspruch der Vollversorgung, hin zu kreativen und flexibleren Möglichkeiten. Mit Blick auf Bibliotheken wäre das zum Beispiel der Einsatz mobiler Büchereien.  Zur Studie: www.berlin-institut.org/publikationen/studien/von-huerden-und-helden.html

 

[15] www.stiftungen.org/fileadmin/bvds/de/Projekte/NW_Stiftungen_Bildung/Checkliste_Netzwerk_Stiftungen_und_Bildung_2016.pdf

 

[16] Dazu kritisch im »Spiegel«-Interview (www.spiegel.de/politik/deutschland/landflucht-studie-vom-berlin-institut-a-1012486.html) der Leiter des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Milliarden Euro hätten den Trend der Einwohnerentwicklung nicht stoppen können. Er plädiert daher für eine Neuausrichtung der Versorgung im ländlichen Raum.

 

[17] Generell ist der Versuch der Integration des Themas »Kultur« in den ESI-Fonds ein schwieriges und beizeiten auch frustrierendes Erlebnis. Dazu ausführlich Reiner Schmock-Bathe, der bei der Entstehung des Berliner Operationellen Programms (OP) intensiv beteiligt war. Nachzulesen in Schmock-Bathe, Reiner (2015): Die Kultur und die Strukturfonds 2014-2020. Eine Zwischenbilanz, in: Sievers, Norbert (Hrsg.) Jahrbuch für Kulturpolitik 2014. Thema: Neue Kulturförderung, Bonn, 281-293.

 

 






Themen-Dossiers

Kulturinstitutionen im ländlichen Raum – Förderungsoptionen

LEADER
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In den vergangenen Monaten hat die Flüchtlingskrise die Förderszene in Atem gehalten und dort für viele Veränderungen gesorgt.[1] Es gibt noch weitere demografische Entwicklungen in Deutschland, die öffentliche Geldgeber, aber auch private Förderer bei der Konzeption von Förderprogrammen in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Die Menschen werden älter, Städte und urbane Zentren werden immer beliebter. Durch den Strukturwandel in Industrie und Wirtschaft verlassen die jüngeren Generationen die ländlichen Regionen und ziehen in die Städte, um Arbeit zu finden und auch Bildung, Kultur und Chancen nutzen zu können.[2] Häufig bleiben die weniger Mobilen, vor allem die älteren Menschen, oder die, die es sich nicht leisten können – und die wenigen, die aus Überzeugung bleiben. Die Folgen der »Landflucht«: Zunehmende Armut, Bildungsabwanderung und Überalterung gelten aktuell als kennzeichnende Merkmale der Bevölkerungsentwicklung abgelegener ländlicher Räume.[3]

 

Dort hat man mit folgenreichen Veränderungen zu kämpfen. Die Steuereinnahmen sinken, die ohnehin verschuldeten Kommunen kürzen bei den freiwilligen Leistungen – den Kultureinrichtungen wie Bibliotheken, Museen oder Theatern. Der Wert dieser Kultureinrichtungen für das Zusammenleben in den Regionen wird von Politik und Entscheidungsträgern meist als nachrangig bewertet. Immer mehr Förderer heben aber auch den entscheidenden Beitrag von Kultureinrichtungen zur Stabilisierung von Identität und Gemeinschaftsbildung hervor. Weil dies in den Ausschreibungen so aber nicht immer steht, bleibt der Förderdschungel unübersichtlich und überaus komplex. Welche Förderungen und Ansätze der EU, des Bundes oder von Stiftungen für Kulturinstitutionen wie Bibliotheken im ländlichen Raum interessant sind, wird im Folgenden dargestellt.

EU-Förderung im Rahmen des LEADER-Ansatzes

Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist das Instrument der Europäischen Union zur Unterstützung der ländlichen Räume. Einer seiner vier Schwerpunkte ist das Förderkonzept LEADER. LEADER steht für »Liaison entre actions de développement de l‘économie rurale«. Das bedeutet soviel wie »Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft«. Seit 1991 existiert dieses EU-Förderprogramm und ist seit 2006 ein eigenständiger Schwerpunkt. Aber wie kann die EU, wie können »die da drüben in Brüssel« regional gut fördern?

Bottom-up-Prinzip in der LEADER-Förderung

Die EU kann regional gut fördern, indem das Geld an den Stellen zur Verteilung eingesetzt wird, wo die Menschen Entscheidungen treffen und Einfluss haben, die direkt von den Projekten profitieren. Die lesenswerte Studie »Förderpotenziale für die kulturelle Infrastruktur sowie für kulturelle Aktivitäten in ländlichen Räumen. Eine Bestandsaufnahme«, erstellt vom Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft, bietet einen umfassenden Überblick über Akteure und Förderprogramme für den ländlichen Raum in Deutschland. Sie zeigt auf, wie Förderung nachhaltig und sinnvoll wirken kann.[4] Ein zentrales Ergebnis der Studie und gleichzeitig Empfehlung an die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien Monika Grütters ist: Nur gemeinsam – und damit ist die aktive Einbeziehung und Zusammenarbeit mit der Bevölkerung gemeint, also der Menschen, die vor Ort Kultur gestalten, nutzen und diese »konsumieren« – können kulturelle Aktivitäten dort ankommen, und als Angebot in ihrer Breite angenommen werden.

 

Dieses »Bottom-up-Prinzip« ist auch das Grundprinzip des LEADER. Vor Ort weiß man am besten, wo der Schuh drückt, worin die regionalen Stärken liegen und wie sich eine Region nachhaltig, wirtschaftlich, kulturell und sozial weiterentwickeln kann.

"Ab  2017 will das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit  jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investieren."

Die Entwicklungsprozesse werden in den Regionen durch sogenannte lokale Aktionsgruppen (LAG) organisiert und begleitet. In diesen lokalen Aktionsgruppen sind die für die Region relevanten öffentlichen und privaten Akteure so zusammengeschlossen, dass auf Ebene der Entscheidungsfindung eine Stimmenmehrheit auf Seiten der nicht öffentlichen Wirtschafts- und Sozialpartner sowie sonstigen Vertreter der Zivilgesellschaft liegt. Die Erarbeitung und Umsetzung einer Entwicklungsstrategie[5], die eine Art Grundlagendokument zur Förderung ist, erfolgt durch die Bevölkerung der Region und durch Vertreter von Vereinen, Verbänden, Unternehmen, Kommunen, Kulturinstitutionen, der Landwirtschaft et cetera – eben »bottom-up«. Die LAGs beraten und setzen Impulse für die ländliche Entwicklung. Die Auswahl der Projekte stellt in diesem Rahmen eine zentrale Aufgabe dar. Grundlage für die Auswahl der Projekte sind Kriterien, die aus den Zielen der Entwicklungsstrategie abgeleitet werden, die sich jede Region gegeben hat. Es werden modellhafte Ansätze und neue Lösungen gefördert.

 

Eine wichtige Rolle bei der Organisation des Entwicklungsprozesses und der Begleitung der Umsetzung kommt dem Regionalmanagement zu. Die RegionalmanagerInnen der LEADER-Regionen sind zentrale Ansprechpartner zu Fragen des LEADER-Prozesses. Sie beraten zu den Fördermöglichkeiten und sind unterstützend bei der Antragsstellung tätig.

"Für die Zukunft wird entscheidend sein, dass die dort gemachten Erfahrungen weitergegeben werden, um eine weiterführende Debatte anzustoßen."

In der aktuellen Förderperiode 2014 bis 2020 gibt es 321 LEADER-Regionen[6] – gute Chancen, das erste Kriterium für eine LEADER-Förderung zu erfüllen. Bis zu 65 Prozent der Projektkosten können im Rahmen von LEADER gefördert werden. Den Rest muss der Projektträger selbst finanzieren. Der erste Schritt sollte also sein, zu prüfen, ob man Teil einer LEADER-Förderregion ist, und sich dann mit dem dortigen Regionalmanagement in Kontakt zu setzen.

 

[youtube width="597" height="415"]https://www.youtube.com/watch?v=LPqvIZJOROs[/youtube]

 

 

 

[youtube width="597" height="415"]http://www.youtube.com/watch?v=gk0inmpUlyo[/youtube]

 

 

Nationale Förderung des Bundes

Auch bei der nationalen Förderung von Kultur im ländlichen Raum gilt es, genau hinzuschauen. Ländliche Räume werden in Deutschland über die Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes« (GAK) gefördert.[7] Ein Teil der GAK ist die Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE), deren Umsetzung und Programmierung über die Bundesländer erfolgt. Oberziel der ILE ist die Zusammenarbeit der gesamten Region auf der Grundlage einer gemeinsamen Handlungsstrategie, dem Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept (ILEK). Ziel der Integrierten Ländlichen Entwicklung ist ein gemeinsames Wirken von Akteuren der jeweiligen Region. Darunter wird die interkommunale Zusammenarbeit unter Mitwirkung von Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie sonstiger Bürger verstanden. Die Grundlage bildet ein Integriertes Regionales Entwicklungskonzept, dessen Umsetzung ebenfalls von einem Regionalmanagement begleitet wird. In Deutschland gibt es derzeit rund 100 ILE-Regionen.[8]

"Ab  2017 will das BMUB zudem jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investieren."

Zudem sei auf die Initiative »Ländliche Infrastruktur« des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hingewiesen.[9] Mit einer Reihe von Projekten (Städtebauförderungsprogramm »Kleinere Städte und Gemeinden«, Wettbewerb »Menschen und Erfolge«, Förderung von Regionalstrategien Daseinsvorsorge) greift das Ministerium den demografischen Wandel in ländlichen Räumen fördertechnisch auf. Das Programm »Kleinere Städte und Gemeinden« richtet sich insbesondere an Klein- und Mittelstädte und Gemeinden ihres Versorgungsbereichs in dünn besiedelten, ländlichen, von Abwanderung bedrohten oder vom demografischen Wandel betroffenen Räumen. Anträge stellen Städte und Gemeinden bei dem für die Städtebauförderung zuständigen Landesministerium oder der von ihm beauftragte Behörde (zum Beispiel Regierungspräsidium oder Landesverwaltungsamt).[10]

 

Ab  2017 will das BMUB zudem jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investieren.[11] Aktuell verhandelt der Bund mit den Ländern eine Verwaltungsvereinbarung zur konkreten Verteilung der Investitionsmittel. Bei der Ausgestaltung der Verwaltungsvereinbarung soll darauf geachtet werden, dass die in Aussicht gestellten Fördermittel allen Städten und Gemeinden, also auch Kommunen im ländlichen Raum, zugutekommen können. Zudem sollen explizit auch finanzschwache Kommunen an der Förderung partizipieren. Für Bibliotheksakteure ist es an der Stelle wichtig, bereits jetzt mit AnsprechpartnerInnen aus der städtebaulichen Verwaltung in Kontakt zu treten. Bibliotheken sind als kommunale Einrichtungen mit integrativem Zweck Ziel der Förderung. Im besten Fall bilden sie zusammen mit anderen Kultur- und Bildungsinstitutionen eine Art Bildungszentrum.

Stiftungsförderung im ländlichen Raum

Stiftungen erkennen die Förderpotenziale der Kulturinstitutionen des ländlichen Raumes schon lange und viel konkreter an. Nicht nur regional, über die vielen Bürgerstiftungen und Sparkassenstiftungen, auch auf Bundesebene bewegt sich gerade etwas. Mit dem neuen Programm  »TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel« wendet sich die Kulturstiftung des Bundes erstmals gezielt an ländliche Regionen und kleinere Gemeinden mit ihrem Kulturangebot, um dort Transformationsprozesse anzustoßen.[12] Allerdings handelt sich es sich hier nicht um ein offenes Programm, sondern um eine »aussuchende« Förderung. Die vier Modellregionen stehen bereits fest. Zwei Stadtbibliotheken sind unter anderem Teil des zunächst auf fünf Jahre angelegten Programms. Insgesamt werden dafür 13,5 Millionen Euro bereitgestellt werden.[13] So plant die Stadt Osterode die Neuausrichtung und Umgestaltung der Stadtbibliothek zu einem interkulturellen Ort der Begegnung, Bildung und Kultur. Das Jacobson-Haus in Seesen wird zu einem Veranstaltungshaus erweitert. In diesem sollen Theater, Konzerte und Ausstellungen stattfinden. Auch ein Kulturbüro soll dort angesiedelt sein.

"Es gibt bereits viele Förderprogramme für den ländlichen Raum. Ob diese alle greifen, wird kritisch diskutiert."

Für die Zukunft wird entscheidend sein, dass die dort gemachten Erfahrungen weitergegeben werden, um eine weiterführende Debatte anzustoßen. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen wie: Wie erfindet sich eine Institution neu? Wie gelingt die Bürgerorientierung? Wie können sich kommunale Angebote ergänzen und welche Allianzen können gebildet werden zwischen Kultur, Politik und Verwaltung zugunsten attraktiver Kultureinrichtungen? Was brauchen die Menschen, die hier leben? Wie soll ein attraktives Kulturangebot für unsere Region in Zukunft aussehen?[14] Aus dem Programm soll unter anderem eine Mobile Akademie entstehen, die ein Angebot darstellen soll für Institutionenleiter, Verwaltungsmitarbeiter, und Kulturverantwortliche in anderen Regionen, um von den Modellprojekten zu lernen und Ideen zu übernehmen.

 

An diesem Ansatz erinnert viel an das Konzept des Kommunalen Bildungsmanagements. Für Stiftungen ist dieses besonders interessant, können sie damit doch ihre Förderziele in Kooperation mit verschiedenen Akteuren greifbarer machen und nachhaltig umsetzen. Dazu hat zuletzt der Bundesverband Deutscher Stiftungen die Checkliste »Kommunales Bildungsmanagement gemeinsam gestalten – Was Stiftungen und Kommunen wissen und beachten sollten, wenn sie eine Bildungslandschaft in Kooperation entwickeln wollen« veröffentlicht.[15]

Noch viel Potenzial für Kulturförderung im ländlichen Räumen

Es gibt bereits viele Förderprogramme für den ländlichen Raum. Ob diese alle greifen, wird kritisch diskutiert.[16] Die Programme, die auch die Kulturförderung einbeziehen und die im Rahmen der Studie des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft aufgeführt werden, machen jedoch deutlich, dass es gerade im Bereich Kultur noch zahlreiches Verbesserungspotenzial gibt. Kulturpolitik im ländlichen Raum spielt meist nur dort eine Rolle, wo sich kulturelle Akteure einmischen, die Beteiligung der politischen Gemeinde einfordern oder als Partner dieser auftreten. Die herausgehobene Stellung von Kulturpolitik spiegelt sich nicht im Interesse der kommunalen Verantwortlichen wider – beziehungsweise in den kommunalen Haushalten. So sind auch die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) grundsätzlich für die Kulturförderung interessant. Sie sind aber für Kulturakteure schwer zugänglich.

 

Kulturpolitik kann nachhaltig dort stattfinden, wo sich Initiativen, Einrichtungen und Konzepte finden, die diese initiieren, fördern und wo die entsprechende Beteiligung der ländlichen Bevölkerung gelingt (vgl. Studie, S. 27). Daher wird auch der Bottom-up Ansatz des LEADER als allgemein erfolgreich angesehen. Eine Herausforderung besteht weiterhin darin, die ESI-Fonds-Verwaltungen in Bund und Ländern davon zu überzeugen, dass Kulturakteure wie Bibliotheken einen Beitrag zur Umsetzung integrierter Stadt- und Regionalentwicklungskonzepte leisten – wie im Rahmen sozialräumlicher Konzepte gegen Bildungsbenachteiligung, Armut und soziale Ausgrenzung.[17] Genauere Kenntnisse der Programmplanungsprozesse der Operationellen Programme sind in jedem Fall notwendig, um Möglichkeiten einer Intervention zugunsten einer stärkeren Einbeziehung kultureller Aspekte in die nächste Programmphase ab 2021 abstecken zu können. Für die Überzeugungsarbeit sind wiederum die Experten aus den Bibliotheken und Verbänden gefragt.

Von LEADER gefördert: Bibliotheksprojekte

•    Mit der Zusammenführung der Stadtbibliothek Neustrelitz, der Bibliothek der Stiftung Mecklenburg, dem Karbe-Wagner-Archiv, dem Archiv das Landestheaters Neustrelitz und den Sammlungen des Museums der Stadt zum Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz ist für die Region ein Ort der Kommunikation, Bildung und Geschichtsvermittlung entstanden. Über LEADER wurde die Stadtbibliothek mit 422 139 Euro  bezuschusst.

 

•    In der Stadt Gammertingen wurde die Stadtbücherei in der LEADER-Region Oberschwaben sowohl in der Medienausstattung als auch in der Möblierung und der Technik nachhaltig modernisiert. Etwa 185 000 Euro wurden in Möbel, Regale, Medien und Büchereitechnik investiert – finanziert mit etwa 110 000 Euro Fördermitteln aus dem Sonderprogramm LEADER-Kultur-ILAG und dem Land Baden-Württemberg. – www.leader-oberschwaben.de/?p=1859

 

•    Im Projekt »Lesende Region Hochsauerland Literacy – Büchereien der LEADER-Region Hochsauerland« wurden SchülerInnen einer  Fachschule für Sozialpädagogik und allen ErzieherInnen im betroffenen »LEADER«-Gebiet Hilfestellungen im Bereich Sprache, Sprachförderung, Lesefrühförderung und kreative Ideen zum Umgang mit dem Buch gegeben – insbesondere auch im Hinblick auf Migranten. Voraussetzung dafür war die Vernetzung aller bibliothekarischen Einrichtungen im LEADER-Gebiet mit der Fachschule. – www.bib-hochsauerland.de/index.html

 

•    In Lindau wurde das Bibliotheksmuseum 2013 in dem Projekt »ERBe: Ehemals Reichsstädtische Bibliothek im Alten Rathaus Lindau (B) – Altes ERBe neu erleben« unter anderem durch die LEADER-Förderung restauriert und in ein neues Antlitz gebracht. – www.kultur-lindau.de/bibliotheksmuseum/

 

•    Ein Beispiel aus Österreich: Im Rahmen des LEADER-Projektes »Bibliothekenlandschaft Oberkärnten«, das der Regionalverband Nockregion in Kooperation mit der LAG Großglockner/Mölltal-Oberdrautal 2014 durchführte, kooperierten zehn Bibliotheken aus dem Bezirk Spittal/Drau, tauschten Erfahrungen in ihrem Netzwerk aus und führten Veranstaltungen gemeinsam durch. Das Projekt unterstützte die teilnehmenden Bibliotheken, lebensbegleitendes Lernen reizvoller zu gestalten. Die Einrichtungen wurden modernisiert oder ergänzt und es konnten zahlreiche Medien angekauft werden. – www.wissenslandkarte.ktn.gv.at/288411_DE-BIBLIOTHEKEN-BIBLIOTHEKEN_PROJEKTE 

Julia Borries, 2.9.2016

 

LEADERDie Autorin

Julia Borries ist Referentin für EU-und Drittmittelberatung im Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (knb) beim Deutschen Bibliotheksverband (dbv). Sie ist Ansprechpartnerin bei Fragen zur Förderung im ländlichen Raum oder zu konkreten Fördermöglichkeiten. – Kontakt: borries@bibliotheksverband.de

 

 

 

 

 

[1] Zahlreiche öffentliche Förderer haben neue Programme auf die Beine gestellt, Wettbewerbe ausgeschrieben, Stiftungen und Initiativen wurden gegründet, um im Bereich der Flüchtlingshilfe, der Integration und der kulturellen Bildung Anstöße zu geben und in bestem Fall auch nachhaltige Strukturen zu schaffen. Beispielhaft eine Übersicht des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen der zurzeit aktiven Stiftungen im Bereich der Flüchtlingshilfe: www.stiftungen.org/de/stiftungswissen/stiftungen-und-fluechtlingshilfe.html

 

[2] Versuch einer Definition des ländlichen Raumes vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Alle kreisfreien Großstädte sowie die städtischen Kreise bilden den städtischen Raum, alle ländlichen Kreise bilden den ländlichen Raum, www.bbsr.bund.de/nn_1067638/BBSR/DE/Raumbeobachtung/Raumabgrenzungen/Kreistypen2/kreistypen.html

 

[3] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Ländliche Regionen verstehen. Fakten und Hintergründe zum Leben und Arbeiten in ländlichen Regionen, Berlin. Verfügbar unter: www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/LR-verstehen.pdf?__blob=publicationFile

 

[4] Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (Hrsg.) (2015): Förderpotenziale für die kulturelle Infrastruktur sowie für kulturelle Aktivitäten in ländlichen Räumen. Eine Bestandsaufnahme, Bonn, online zu finden: www.kupoge.de/download/Studie_laendliche-kulturarbeit.pdf  – Zwei Fragestellungen stehen im Mittelpunkt der Studie: 1. Welchen Beitrag leistet Kultur zur Abmilderung der Folgen des demografischen Wandels in ländlichen Räumen? 2. Wie kann Kultur in ländlichen Räumen, die vom demografischen Wandel betroffen sind, gut beziehungsweise besser gefördert werden?

 

[5] Die lokalen Entwicklungsstrategien enthalten eine Bestandsaufnahme, eine Stärken-Schwächen-Analyse, Strategien und Leitbilder für die Region sowie einen ersten Schwung an Projektideen für die nächsten Jahre.

 

[6] www.netzwerk-laendlicher-raum.de/regionen/lags-2014-2020/

 

[7] www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Foerderung-Agrarsozialpolitik/GAK/gak_node.html

 

[8] Dokumente und Links zum Fördergrundsatz der GAK zur Integrierten Ländlichen Entwicklung und weitere grundlegende Dokumente finden sich auf den Seiten des BMEL: www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Foerderung-Agrarsozialpolitik/GAK/gak_node.html

 

[9] www.bmub.bund.de/themen/stadt-wohnen/stadtentwicklung/initiative-laendliche-infrastruktur/

 

[10] www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/kleinere_staedte_u_gemeinden_faltblatt_bf.pdf

 

[11] Zur Pressemitteilung vom 15. Juni 2016:  www.bmub.bund.de/N53207/

 

[12] www.kulturstiftung-des-bundes.de/cms/de/projekte/nachhaltigkeit_und_zukunft/trafo/index.html

 

[13] www.mwk.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/rund-drei-millionen-von-der-kulturstiftung-des-bundes-fuer-kulturangebot-in-suedniedersachsen-139410.html

 

[14] Die Autoren des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung plädieren in ihrer Studie »Von Hürden und Helden. Wie sich das Leben auf dem Land neu erfinden lässt« dafür, das Leben auf dem Land einfacher zu gestalten: weg vom Anspruch der Vollversorgung, hin zu kreativen und flexibleren Möglichkeiten. Mit Blick auf Bibliotheken wäre das zum Beispiel der Einsatz mobiler Büchereien.  Zur Studie: www.berlin-institut.org/publikationen/studien/von-huerden-und-helden.html

 

[15] www.stiftungen.org/fileadmin/bvds/de/Projekte/NW_Stiftungen_Bildung/Checkliste_Netzwerk_Stiftungen_und_Bildung_2016.pdf

 

[16] Dazu kritisch im »Spiegel«-Interview (www.spiegel.de/politik/deutschland/landflucht-studie-vom-berlin-institut-a-1012486.html) der Leiter des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Milliarden Euro hätten den Trend der Einwohnerentwicklung nicht stoppen können. Er plädiert daher für eine Neuausrichtung der Versorgung im ländlichen Raum.

 

[17] Generell ist der Versuch der Integration des Themas »Kultur« in den ESI-Fonds ein schwieriges und beizeiten auch frustrierendes Erlebnis. Dazu ausführlich Reiner Schmock-Bathe, der bei der Entstehung des Berliner Operationellen Programms (OP) intensiv beteiligt war. Nachzulesen in Schmock-Bathe, Reiner (2015): Die Kultur und die Strukturfonds 2014-2020. Eine Zwischenbilanz, in: Sievers, Norbert (Hrsg.) Jahrbuch für Kulturpolitik 2014. Thema: Neue Kulturförderung, Bonn, 281-293.

 

 



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