ekz setzt auf digitale Innovationen

Turbulentes Jahr beim Reutlinger Bibliotheksdienstleister: Firmenjubiläum, Umsatzplus, Einführung einer neuen Bibliotheks-App – und Cyberattacke.
Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung: Die Stadtbibliothek im HP8 München ist mit einem ekz-Regal- und Präsentationssystem, das aus Papier hergestellt ist, ausgestattet. Foto: ekz

Höhen und Tiefen liegen in diesem Jahr für die ekz.bibliotheksservice GmbH eng beeinander. Zum einen feiert der Reutlinger Bibliotheksdienstleister sein 75-jähriges Bestehen und glänzt bei der diesjährigen Pressekonferenz mit einem erneuten Umsatzzuwachs um 2 Millionen Euro auf eine Gesamtsumme von 75 Millionen Euro für die ekz-Gruppe in 2021. Zum anderen muss sich das Unternehmen von einem massiven Cyberangriff erholen, der Teile des Betriebs nach Ostern wochenlang lahmgelegt hat und der, wie ekz-Geschäftsführer Jörg Meyer berichtete, im zweiten Quartal »Bremsspuren« in der wirtschatlichen Entwicklung hinterlassen werde. Dazu kommen die Inflation, Rohstoffengpässe und die Explosion der Energiepreise, was die Haushalte der Kommunen – und damit die Unterhaltsträger der Bibliotheken – deutlich belasten könnte. Meyer blickte deshalb mit Sorge in die Zukunft: »Die Aussichten sind verhalten und so unsicher wie lange nicht.«

 

Immerhin: Bis zur Mitte des Jahres habe die Eintrübung des Wirtschaftsklimas in Deutschland nicht auf die ekz durchgeschlagen. Meyer unterstrich bei der Pressekonferenz am 28. Juli, dass es aktuell keine spürbaren Einschnitte bei den Geschäftsabschlüssen gebe. Dem schwieriger werdenden Umfeld wolle man begegnen, indem man weiter auf moderne Technik und Innovation setze. Allein für digitale Investitionen stelle das Unternehmen jährlich drei bis vier Millionen Euro bereit.

In diesem Sinne wurde die ekz-Gruppe im Jubiläumsjahr auch um ein weiteres Unternehmen vergrößert. Die neue Tochterfirma redia Deutschland GmbH ist im Mai 2022 mit Sitz in Reutlingen gegründet worden. Sie vertreibt die Serviceplattform Libry, die von der dänischen Design- und Softwarefirma Redia A/S entwickelt wurde und bereits in rund 200 dänischen Bibliotheken sowie in der Zentralbibliothek in Norwegens Hauptstadt Oslo im Einsatz ist.

Unter dem Motto »Meine ganze Bibliothek in einer App« ist die Libry App für iOS und Android das Herzstück der Libry-Plattform. Mit ihr erhalten Bibliotheksnutzerinnen und -nutzer einen Überblick über physische und digitale Bestände, sehen die neuesten Veranstaltungen und finden sich im Bibliotheksgebäude zurecht. Außerdem können sie Gebühren mobil bezahlen, Medien direkt verbuchen und mit der Bibliothek kommunizieren. Eine weitere App, Libry Assist, ermöglicht den Mitarbeitenden, Abläufe und Bestände zu verwalten.

Der Bibliothekarische Direktor der ekz, Johannes Neuer, sagte: »Dieses neue Angebot, das die gesamte Bibliothek in einer App abbildet, passt perfekt ins Portfolio der ekz und zur Vision unseres Unternehmens: Die Bibliothek einfacher zu gestalten. Bibliotheken können damit digitale Angebote in ihren Häusern noch besser sichtbar machen.« Die Mitarbeiter/-innen in Bibliotheken würden so von Routinearbeiten befreit und hätten dadurch mehr Zeit, sich direkt um die Wünsche und Anliegen ihrer Kundinnen und Kunden zu kümmern. Neuer: »Mit der App schlagen wir eine wichtige Brücke zwischen den für die Bibliotheken gleichermaßen an Bedeutung gewinnenden Online-Angeboten und dem physischen Raum.«

 

Firmen-Chef Meyer geht davon aus, dass die ekz mit der Tochterfirma redia Deutschland GmbH künftig einen Umsatz von drei bis fünf Millionen Euro erzielen kann und dass bis zu 15 Arbeitsplätze zusätzlich entstehen werden. Dieses neue Geschäftsfeld, so Meyer, biete auch die Möglichkeit, über den deutschsprachigen Markt hinaus zu expandieren.

Weiterentwicklung der digitalen Angebote

Auf digitaler Ebene entwickelt die ekz ihre Angebote stetig weiter. Mit der ekz-Tochter EasyCheck bietet sie beispielsweise Open-Library-Lösungen, damit die Bibliotheksräume lange geöffnet bleiben. In den vergangenen Monaten wurden Projekte in den Zweigstellen Vierlinden und Wanheimerort der Duisburger Stadtbibliothek sowie in der in der Zweigstelle Ober-Erlenbach der Stadtbibliothek Bad Homburg realisiert. Öffnungszeiten bis 70 Stunden pro Woche sind so auch für kleine Bibliotheken denkbar.

Die LMSCloud, ein weiteres Tochterunternehmen, ermöglicht mit dem Open-Source-System Koha eine flexible Verwaltung von Prozessen – ohne den Aufwand einer eigenen IT-Infrastruktur – und bietet einen OPAC, mit dem Leser/-innen die Medien entdecken können. Zusätzlich entwickelt die ekz Systeme, die durch künstliche Intelligenz (KI) Empfehlungen für den Bestandsaufbau oder zum Lesen geben. Bislang kommt diese KI nur im Shop Medienwelten zum Einsatz. »Wir wollen diese Empfehlungen aber auch in anderen digitalen Systemen der ekz-Gruppe nutzen«, kündigte Johannes Neuer an.

Gemeinsam arbeiten Mitarbeiter/-innen und Führungskräfte darüber hinaus an einer nutzerfreundlicheren Oberfläche der Webshops, mit der Kundinnen und Kunden künftig physische und digitale Medien sowie Bibliothekszubehör aus einer Quelle recherchieren und bestellen können sollen. Die ekz-Tochter divibib setzt bei der Onleihe den Fokus vermehrt auf das E-Learning, beispielsweise mit dem qualitativ hochwertigen Angebot der ZEIT-Akademie. Die kostenlose Onleihe-App für Android gibt es seit Anfang des Jahres auch im Amazon Appstore für Kindle-Fire-Tablets.

Ein wichtiger Aspekt bei der Forcierung digitaler Innovationen sei wie in den anderen Geschäftsfeldern der ekz die Nachhaltigkeit. Die ekz unterstützt entsprechend die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. »Wir betreiben aktives Umweltmanagement, nutzen in Reutlingen Strom aus erneuerbaren Energien, setzen beim Versand auf umweltfreundliche Materialien und wollen Lieferketten nachhaltiger machen«, sagte Neuer.

Besonderes Augenmerk will der Bibliotheksdienstleister künftig auf die IT-Sicherheit legen. Wie andere Unternehmen der Region wurde die ekz Mitte April Opfer einer Cyberattacke. Vermutlich, so Mayer, habe es sich um einen russischen Angreifer gehandelt, der illegal ins IT-System eingedrungen sei und dort Daten und Datenbanken verschlüsselt habe. Auf Erpressungsversuche sei man nicht eingegangen und habe stattdessen eng mit der Polizei und externen Sicherheitsfirmen zusammengearbeitet. Inzwischen, so Mayer weiter, konnten alle Systeme ohne Datenverlust wiederhergestellt werden. Obwohl einige Geschäftszweige längere Zeit lahmgelegt waren, sei das Unternehmen nie in Liquiditätsschwierigkeiten gekommen. Meyer stellte zufrieden fest: »Hier hat sich die solide Finanzierung unseres Unternehmens bewährt.« Die entstandenen Schäden sollen über eine entsprechende Versicherung abgedeckt werden.

Erneutes Umsatzwachstum in 2021

Die ekz-Gruppe erzielte 2021 einen Umsatz von 75 Millionen Euro, das sind 2 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Rund 20 Prozent werden im Bereich der Bibliotheksausstattung erwirtschaftet, 25 Prozent bei Technologieprodukten wie Selbstverbuchern und Bibliothekssytemen. Den Löwenanteil (55 Prozent) verdient die ekz mit dem Verkauf digitaler und physischer Medien. Der Gewinn lag wie im Vorjahr bei rund 4,7 Millionenn Euro. Insgesamt hat die ekz-Gruppe 300 Mitarbeiter/-innen, 250 (inklusive 10 Auszubildenden) davon sind bei der ekz.bibliotheksservice GmbH am Stammsitz in Reutlingen beschäftigt. Zur ekz-Gruppe gehören außerdem: divibib GmbH (digitale Ausleih-Plattform »Onleihe«), EasyCheck GmbH (Verbuchungs- und Sicherheitstechnik), LMS Cloud (Bibliotheksmanagement-Lösungen), team stonepark GmbH (Innenausstattung), ekz benelux (Verbuchungs- und Sicherungstechnik), borromedien (Medien für Kirchliche und Öffentliche Büchereien) sowie die neu erworbene redia Deutschland GmbH (Service-Plattform Libry).

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