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Bibliothekarische Selbstbildung in Tschechien

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Barocke Pracht: Die Bibliothek des Klosters Strahov in Prag. Foto: Lothar Hellfritsch

München/Prag. Reisen sind das beste Mittel zur Selbstbildung. Wer diesem Zitat des deutschen Schriftstellers Karl Julius Weber zustimmt, wird begrüßen, wenn Studenten nicht nur aus Büchern und in Vorlesungen lernen, sondern auch die Gelegenheit erhalten, andere Länder zu bereisen, mit Fremden ins Gespräch zu kommen und neue Eindrücke zu sammeln.

Die Studenten der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern, Fachbereich Bibliothekswesen (FHVR) schätzen sich jedenfalls glücklich, dass jeder Jahrgang die Möglichkeit erhält, für eine Woche ausländische Bibliotheken zu bereisen und Gemeinsamkeiten wie Unterschiede zu den Praktikumsbibliotheken in Deutschland zu entdecken. Dieses Jahr nutzte der Jahrgang QE3 Bibl. 2013/2016 die Chance, um Tschechien näher kennenzulernen.

Und so kommen wir im September 2015 neugierig am Pilsener Hauptbahnhof an, um in der amtierenden Kulturhauptstadt Europas die Studien- und wissenschaftliche Bibliothek der Pilsener Region zu besichtigen.

Überraschenderweise werden wir in perfektem Deutsch empfangen – denn hier wurde in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut eine Deutsche Bibliothek aufgebaut, und so begrüßt uns eine deutsche Mitarbeiterin. Sichtlich ist man froh, dass eine ausländische Reisegruppe die Chance ergriffen hat, Pilsen zu erkunden, anstatt die Stadt nur auf der Fahrt nach Prag aus dem Zugfenster zu bewundern. Und der Zwischenstopp wird zu einem Glücksfall! Nicht nur, weil wir hier zum ersten Mal die böhmische Küche genießen dürfen, sondern vor allem wegen einer engagierten und spannenden Bibliotheksführung. Besonders bemerkenswert war die Präsentation einiger Inkunabeln und alter Drucke. Nach der Einführung durch die Leiterin der Abteilung altes Buch, durften wir die Ausstellungsstücke aus nächster Nähe betrachten, in ihnen blättern und lesen.

Dennoch brechen wir noch am selben Tag auf, um die goldene Stadt zu erreichen. Und auch die späte Ankunft konnte uns nicht davon abhalten, am nächsten Morgen frisch und – halbwegs – ausgeschlafen Prag zu erkunden. Und es gab viel Sehenswertes!

Zum Beispiel thront über den Dächern der tschechischen Hauptstadt die Prager Burg, und nicht weit von ihr entfernt befindet sich auf demselben Hügel das nicht minder berühmte Kloster Mons Sion, besser bekannt als Strahov. Die barocke Pracht der dortigen Bibliothek ist überwältigend. Waren wir bereits vom kleineren Theologischen Saal beeindruckt, so konnten wir im Philosophischen Saal nur staunen. Die vom Boden bis zur Decke mit dunklem Holz versehenen Wände, alten Buchrücken und kunstvollen Deckengemälde fügen sich zu einem großartigen Gesamtkunstwerk zusammen. Begleitet von einem Prämonstratenser-Pater konnten wir aber nicht nur die Schönheit bewundern, sondern auch viel über die Geschichte des Klosters, der Stadt und den schwierigen Zeiten für Orden während der sozialistischen Herrschaft lernen.

 

Historische Lesesäle und umfangreiche Altbestände

Auch am nächsten Tag, im Clementinum, konnten wir wieder eine Bibliothek in geschichtsträchtigen Gemäuern besichtigen. Hier befindet sich – in den ehemaligen Räumlichkeiten des Prager Jesuitenkollegs – die Tschechische Nationalbibliothek. Neben den ebenfalls historischen Lesesälen und einem umfangreichen Altbestand werden hier zudem die Dienstleistungen einer modernen Universalbibliothek angeboten. Immerhin ist dies – mit circa sechs Millionen Medien – die größte Bibliothek der Tschechischen Republik. Dass es dabei eine Herausforderung sein kann, die Architektur vergangener Zeiten mit den neuen Anforderungen in Einklang zu bringen, ist ein vielerorts bekanntes Problem. Aber die zahlreichen Bauarbeiten, die wir beobachten, zeugen von der Bereitschaft, diese Aufgabe aktiv anzugehen.

Zuletzt besuchten wir eine Bibliothek, die sich aus verschiedenen Gründen von den vorherigen abhob. Hatten wir bisher viele historische Lesesäle und Bibliotheken mit geisteswissenschaftlichem Schwerpunk besucht, so waren wir nun zu Gast im Neubau der Technischen Nationalbibliothek.

Und diese konnte mit so mancher Attraktion aufwarten, halb leere Regale, viele Arbeitsplätze, moderne Gruppenarbeitsräume, Platz für Zonierungen und eine optimale Lage zwischen den Fakultäten der Universität – kurz gesagt: eine Bibliothek, um vor Neid zu erblassen. Und so staunen wir schon wieder in Prag, diesmal unter anderem auch, weil wir die moderne Architektur genießen. Sie spielt mit den Kontrasten von bunten Fußböden zu schlichtem Sichtbeton mit offen liegenden Leitungen und weist damit gleichzeitig auf den technischen Charakter der Einrichtung hin.

Dieser Ausblick in die Zukunft war ein schöner Kontrast auf einer Reise, die uns zuvor tief in die Vergangenheit des Bibliothekswesens eintauchen ließ. Wobei wir aber in manch alten Gemäuern einen frischen Geist und viele Innovationen entdecken konnten. Und als wir die barocken Säle des Klosters Strahov verließen, fanden wir auch noch ein schönes Symbol dafür, dass manche Dinge nie veralten. Die Mönche hatten vor Jahrhunderten mit dem Bierbrauen begonnen – und es schmeckt noch immer so ausgezeichnet wie damals!

 





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